Swissfundraising, die Berufsorganisation für Fundraiserinnen und Fundraiser in der Schweiz, spricht nach einer Umfrage bei zwölf ihrer spendensammelnden Mitgliedorganisationen von einem «herausfordernden» aber erfolgreichen und – trotz Lockdown – meist sehr guten Jahr. Offenbar überwog die Solidarität in der Bevölkerung die Angst vor Krise und Unberechenbarkeiten. Die Hilfswerke waren allerdings sehr gefordert, flexibel und innovativ Anpassungen zu treffen.
«Leider bestätigte 2020, dass benachteiligte Kinder und ihre Familien überproportional betroffen sind und sich ihre Lebenssituation dramatisch verschlechtert. Trotzdem oder gerade deswegen bin ich von der Solidarität unserer Spendenden im letzten Jahr tief beeindruckt. Sie unterstützten uns noch stärker als im Jahr zuvor», sagt Lea Bachmann, Direktorin von Save the Children. Allerdings habe die Kommunikation übers Home-Office die Arbeit merklich erschwert.
«Spürbare Steigerung»
Holger Steffen, Leiter Marketing&Kommunikation bei der Heilsarmee, stellt fest, dass «der Jahresverlauf aus Spendensicht selten so unberechenbar war wie 2020». Vieles musste neu geplant werden: «Digitalisierung und Agilität waren plötzlich nicht mehr Schlagworte, sondern Alltag.» Etwas unattraktiv wirkte die traditionelle weihnächtliche Topfkollekte, die ohne SängerInnen und Musikanten stattfinden musste … «Aber ich schaue mit grosser Dankbarkeit auf das Jahr zurück: Statt eines befürchteten Rückgangs der Spenden durften wir eine spürbare Steigerung erleben.»
Beim Schweizerischen Roten Kreuz stiess man ebenfalls auf viele unerwartete Probleme: «Niemand wusste anfänglich genau, welches Fundraising wann erfolgreich sein wird. Immer die Fragen: Was machen wir sofort, was machen wir anders, was machen wir neu, was lassen wir besser sein? Das ganze Team hat einen enormen Schritt Richtung Digitalisierung gemacht», fasst der Leiter Public Fundraising Oscar Luethi zusammen. Die Anstrengungen scheinen sich gelohnt zu haben: Online haben sich die Spenden im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt.
Erfolgreiches Strassenmagazin
Auch bei Swissaid «haben wir uns strategisch und als Team neu aufgestellt und die Weichen für viele neue Entwicklungen im Fundraising gestellt», verrät Michael Brücker, Leiter Marketing. Schmerzhaft habe sich allerdings hier der traditionelle Abzeichenverkauf in den Schulen ausgewirkt, der letztes Jahr nur eingeschränkt möglich war.
Erstaunlich positiv hingegen lief auch der Verkauf des Strassen-Magazins Surprise. «Die Verkäufer und Verkäuferinnen standen vor grossen Herausforderungen, u. a. weil «von Beginn weg klar war, dass wir den Verkaufenden den Lohnausfall entschädigen», kommentiert Organisatorin Caroline Walpen. «Zum Glück fanden neben dem Verkauf auch direkte Geldspenden ein grosses Echo.»
«I care for you»
Allerdings gab es auch Hilfswerke, die Mühe hatten, die üblichen Spendenergebnisse zu erreichen. Dies betraf eher Organisationen, welche Geld für Projekte im Ausland bewarben, wie etwa Ocean Care, aber auch das inländische Blaue Kreuz, das neben den «normalen» Spenden traditionell auch stark von Kirchenkollekten profitiert. Da dieses Jahr zahlreiche Gottesdienste ausfielen oder elektronisch abgehalten wurden, gabs hier einen deutlichen Spenden-Rückgang.
Auch übers Crowdfunding, das in der Regel klar definierte Projekte auf eher spielerische Art sammelt, gabs grosse Zeichen der Solidarität: Für Soforthilfe an Personen, die bei der staatlichen Finanzhilfe zwischen Stuhl und Bänke fielen (Alleinerziehende, Kulturschaffende, Arbeitslose etc.) erhielt die Plattform «I care for you» von zahlreichen Spendern und diversen Stiftungen 1,7 Mio Franken.
Glückskette sammelt 43 Millionen
Den grössten Sammelerfolg erreichte einmal mehr die Glückskette mittels mehreren Spendeaufrufen in Zusammenarbeit mit Radio und Fernsehen SRG. «Wir haben gegen 43 Millionen Franken für Menschen, die durch die Corona-Krise in Not geraten sind, gesammelt. Das ist unter unseren Sammelaktionen zugunsten des eigenen Landes eine der höchsten je erreichten Glückskette-Kampagnen.» Diese Direkthilfe wurde in Zusammenarbeit mit den traditionellen Schweizer Partnerhilfswerken – diesmal vor allem Caritas – und rund hundert weiteren, kleineren Institutionen umgesetzt. «Was mich sehr berührt hat», schreibt Catherine Baud-Lavigne, Vizedirektorin bei der Glückskette, «dass Menschen, die selber in Not waren und Hilfe benötigten ihrerseits für ‘noch Bedürftigere’ gespendet haben …»
Quellen: Swissfundraising, ICFY