Das Video entstand vor etwa drei Jahren. Es wurde mit mehreren Kameras aufgenommen und entsprechend geschnitten. Zu sehen sind 21 junge koptische Christen, die von Schergen des „Islamischen Staates“ enthauptet wurden, nachdem sie in Libyen der IS-Terrormiliz in die Hände gefallen und 43 Tage lang gefangen gehalten worden waren. Darin erblickt der deutsche Schriftsteller Martin Mosebach ein Kunstwerk.
Ermordung als „Kunstwerk“
In der Sendung Kulturzeit, die am Dienstag, den 27. März 2017, auf 3sat ausgestrahlt wurde, erklärte Martin Mosebach, auf den Gesichtern kurz vor der Ermordung „kein Lächeln, eher ein Zeichen tiefer Entspannung“ zu sehen. Es handele sich eben um christliche Märtyrer, und die koptische Kirche und die Familien der Enthaupteten seien stolz und glücklich, dass es dieses Video gebe.
„Sie alle haben ihren Glauben nicht verleugnet“, erklärt die Sprecherin aus dem Off. Und Martin Mosebach sagt wörtlich: „Das Video hat nach Absicht und Wirkung durchaus den Charakter eines Kunstwerks.“
Gern gezeigte Enthauptung
Wieder die Sprecherin: „Stolz sind die Familien auf sie.“ Denn die Ermordeten seien Märtyrer. Und weiter berichtet die Stimme aus dem Off, dass die Angehörigen „die Enthauptung in voller Länge“ gerne anschauten.
Dann weiss die Sprecherin: „Die 21 sind koptische Märtyrer, weil sie den Tod nicht gescheut haben.“ – Vielleicht hatten sie aber bloss das Pech, den falschen Leuten in Libyen in die Hände gefallen zu sein, könnte ein Zuschauer denken, der noch bei klarem Verstand ist.
Mosebach aber, der gerade ein Buch über die koptische Kirche geschrieben hat und es nun offenbar um jeden Preis vermarkten will, hat in dem Interview nach der Einspielung gegenüber der Moderatorin der Kulturzeit vom 27. März 2017, Cécile Schortmann, noch einmal betont, wie grossartig er die Inszenierung dieses Films mit seinen Farben und den „Aufnahmen mit mehreren Kameras“ findet. Die brave Moderatorin stellte dann als Auftakt zu ihrer nächsten Frage fest: „Sich das Video anzusehen, das ist hart.“ Mosebach gab dann zu: „Es ist zugleich das Dokument von einem Massaker.“
Fürsprecher bei Christus
Doch Mosebach stellt noch einmal fest, dass die „ganze koptische Kirche und auch die Bischöfe dem IS für dieses Video danken möchten“. Der Vorteil: „Wir müssen uns jetzt nicht mehr auf Legenden verlassen, sondern wir haben ein Dokument.“ Deswegen seien die 21 gut dokumentiert Ermordeten von der koptischen Kirche heilig gesprochen worden. Und es sei für sie in dem Dorf, aus dem sie stammten, eine grosse Wallfahrtskirche gebaut worden.
Auf eine skeptische Frage der Moderatorin antwortete Mosebach, bei dem ganzen Vorgang handele es sich um die „klassische altchristliche Auffassung vom Märtyrertum“. Der Märtyrer sei, so Mosebach, „bei Christus ein Fürsprecher für die Welt“.
Dann fragt die Moderatorin noch einmal, was denn den Herrn Martin Mosebach so an der koptischen Kirche fasziniere, und er erklärt: „Das Christentum ist überhaupt darauf verwiesen, immer zu seinen Quellen zurückzukehren.“ Das gelinge in der Begegnung mit der koptischen Kirche besser, als „wenn man versucht, sich ein Christentum archäologisch zu rekonstruieren“.
Blut und Glauben
So wie Martin Mosebach redet, wäre das Christentum eigentlich ein Fall für den Verfassungsschutz. Denn in seinen Augen ist es da am besten, wo echtes Blut fliesst.
Und man muss fragen, ob ein öffentlich-rechtlicher Sender, der über eine Art Gebührensteuer finanziert wird und für die angebliche „Grundversorgung“ zuständig ist, die Botschaft verbreiten sollte: Christentum ist dann besonders authentisch, wenn Blut spritzt. Am besten macht das der IS, denn der versteht etwas von Enthauptungen und weiss, wie man diese mit mehreren Kameras aufnimmt und mittels einer guten Bildregie in Szene setzt. Und es freuen sich noch die Eltern der „Märtyrer“. Das ist wahrer Glaube!
Beleidigung des Christentums
Martin Mosebach hat 2007 den Georg-Büchner-Preis erhalten. Er bezeichnet sich selbst als „reaktionär“. Das ist noch kokett gesagt. Es wäre gut, wenn jetzt wenigstens einige Intellektuelle die Kraft finden würden, sich von diesem Scharlatan loszusagen. Können das auch die Kirchen in Deutschland? Oder ist es am Ende so, dass man sich lieber über reale oder erdichtete Sexskandale aufregt als über Enthauptungen?
Mosebachs sogenanntes Christentum steht ebenso wenig auf dem Boden unserer Verfassung wie radikalisierte Formen des Islam. Und mit aufgeklärtem Glauben hat es schon gar nichts zu tun. Mosebach beleidigt alle Christen mit Verstand.
Es wäre kein Fehler gewesen, wenn die Moderatorin des gebührenfinanzierten öffentlich-rechtlichen Senders 3sat auf diesen Punkt zumindest hingewiesen hätte. Und noch besser hätte sie Herrn Mosebach schlicht und einfach rausgeschmissen.