Thomas Burmeister

Die deutsche Hauptstadt war zugepostert. «Der Politik Ziele setzen!», «Ja!», «Kinder würden Klima wählen», «Berlin 2030 Klimaneutral». In leuchtend roten Lettern auf neongrünem Grund riefen Plakate den Menschen an gefühlt jeder Strassenecke  zu, wofür sie am 26. März bitteschön ihre Stimme abgeben sollten:

Hätte man es wissen können? Und wenn ja: seit wann? 2005 vielleicht, als Wladimir Putin den Zusammenbruch der Sowjetunion als «grösste geopolitische Katastrophe des 20. Jahrhunderts» beklagte. Oder erst, seit er 2014 die Krim annektieren liess? Sind die Brutalität seiner Soldaten in der Ukraine, die gezielte Zerstörung ziviler Infrastruktur oder die antiwestliche Lügenpropaganda russischer Medien überraschend oder waren sie absehbar?

Bei den ersten Berlin-Wahlen im September 2021 hatte sich die Verwaltung der an Pannen und Peinlichkeiten keineswegs armen Hauptstadt so viele Fehler geleistet, dass der Verfassungsgerichtshof die Notbremse zog: Berlin-Wahlen ungültig, bitte noch einmal!

«Zeitenwende». Der Begriff war wohl «alternativlos», als die Gesellschaft für deutsche Sprache über das Wort des Jahres 2022 entschied. Das Wort «Limit» hingegen schaffte es nicht einmal auf die Shortlist. Doch inzwischen ist es, gefühlt, nicht weniger oft zu vernehmen als die von Olaf Scholz auf den Punkt formulierte Beschreibung der Folgen des russischen Überfalls auf die Ukraine.