Woller, Korrespondent in Paris, erhält den begehrten Preis für die im Deutschlandfunk gesendete Reportage „Tea-Party in Frankreich - Kulturkampf um die Homoehe". Die Jury lobt das 45-minütige Feature als „inhaltlich dichte, tiefgehende Reportage“. Der Bericht werfe „einen verstörenden Blick auf die zunehmenden Brüche in der französischen Gesellschaft und beschreibt dabei die Homoehe als Symbol einer zunehmenden Spaltung“.
Woller untersucht, wie die ultrakonservativen Kräfte der Protestbewegung auch nach der Verabschiedung des Gesetzes weiter agierten. Ein Gesetzesentwurf über die gleichgeschlechtliche Ehe führte im Winter und Frühjahr 2013/14 zu einer gigantischen Protestbewegung.
Seit vierzig Jahren in Paris
Hans Woller ist Pariser Korrespondent des Österreichischen Radios und Fernsehens (ORF) und berichtet auch für den Deutschlandfunk. Er schreibt seit viereinhalb Jahren regelmässig für Journal21.
Der renommierte Deutsch-Französische Journalistenpreis wird seit 1983 jährlich verliehen, und zwar abwechslungsweise in Berlin und Paris. Die diesjährige Preisverleihung fand am Mittwochabend bei Radio France statt. Anschliessend lud der deutsche Botschafter in Paris zu einer Feier im Garten seiner Residenz ein.
Woller lebt seit fast vierzig Jahren in Frankreich. Er gehört zu den besten Kennern seiner Wahlheimat. Seine Berichte, die sich sehr kritisch mit der französischen Politik auseinandersetzen, finden auf Journal21 grosse Beachtung. Er hat inzwischen 162 Analysen für uns verfasst. Aus Anlass des 100. Berichts publizierten wir ein Porträt unseres Korrespondenten: "Hans Woller zum Hundertsten".
"Von Hysterie geprägte Stimmung"
In der jetzt prämierten Reportage, die am 1. August 2014 gesendet wurde, heisst es:
„Eine Koalition aus Wertkonservativen, traditionalistischen Katholiken und rechtsextremen Splittergruppen beherrschte in einer von Hysterie geprägten Stimmung die öffentliche Diskussion. Sie agierten, als würde die gleichgeschlechtliche Ehe das Ende der Familie, ja der westlichen Zivilisation bedeuten und wurden dabei zusehends radikaler. Gleichzeitig hat sich in dieser Atmosphäre die Zahl auch gewaltsamer homophober Übergriffe im Land fast verdoppelt.
Das Gesetz ist jetzt seit über einem Jahr verabschiedet und mehr als 7‘000 gleichgeschlechtliche Ehen wurden seitdem geschlossen. Doch die ultrakonservativen Kräfte der Protestbewegung gegen die Homoehe agieren weiter - gegen Abtreibung, Genderdiskurs, künstliche Befruchtung, Leihmutterschaft oder Sterbehilfe.“
Die Jury vergab dieses Jahr auch einen ausserordentlichen Sonderpreis. Dieser ging an den saudi-arabischen Blogger Raif Badawi. In der Kategorie Textbeitrag wurde Ina Henrichs für Ihren Beitrag „Wo geht’s hier nach Frankreich?“ ausgezeichnet. Der Text erschien im Magazin des Kölner Stadt-Anzeigers. Der vom Deutsch-französischen Jugendwerk gestiftete Nachwuchspreis ging an Änne Seidel und Markus Dichmann für die im Deutschlandfunk gesendete Reportage „Wo Bilder von Freund und Feind verschwimmen“ gesendet auf Deutschlandfunk.