In den letzten Tagen schien das Rennen gelaufen zu sein. Laut den meisten Meinungsumfragen lagen die EU-Gegner klar vorn. Seit Tagen war der Anteil der Brexit-Befürworter gewachsen.
Die Abstimmung findet am kommenden Donnerstag, 23. Juni, statt.
Noch am vergangenen Donnerstagvormittag rechnete der „Brexit Poll Tracker“ der Financial Times mit einem komfortablen Sieg der austrittswilligen Briten. Laut „Poll Tracker“ hätten damals 48 Prozent der Briten für einen Austritt gestimmt und 43 Prozent für ein Verbleiben in der EU.
Dann wurde Jo Cox ermordet.
An diesem Sonntag nun sieht der „Brexit Poll Tracker“ ein Patt voraus: 44 Prozent sprechen sich für ein „Stay“ (in der EU) aus und 44 Prozent für ein „Leave“.
Die Zahl der EU-Befürworter hat demnach nicht wesentlich zugenommen. Anderseits hat die Zahl der Austrittswilligen abgenommen. Einigen von ihnen sind offenbar Zweifel gekommen. Wie sie dann letztlich stimmen werden, ist unklar.
Wahrscheinlich wurde die jüngste Entwicklung nicht nur durch den Mord an Jo Cox beeinflusst. Die Kampagne der EU-Befürworter hat in den letzten Tagen an Fahrt gewonnen. Sie warnt die Briten, dass sie bei einem Austritt mit „niedrigeren Einkommen“ zu rechnen hätten. Ein Austritt würde, so die EU-Befürworter, „substantiell negative Auswirkungen auf die Wirtschaft“ haben
Nach dem Mord an Jo Cox haben die Brexit-Befürworter ihre Kampagne bis Anfang dieser Woche ausgesetzt. Ob sie in den letzten vier Tagen vor der Abstimmung wieder zulegen, wird sich zeigen.
Der „Brexit Poll Tracker“ der renommierten Financial Times fasst die vielen Meinungsumfragen zusammen und errechnet einen Mittelwert. Die Finanz- und Wirtschaftszeitung nennt ihren Tracker „Poll of Polls“ – Umfrage der Umfragen. Berücksichtigt werden die Erhebungen aller grossen britischen Meinungsforschungsinstitute. Da die Fehlerquote bei zwischen zwei und drei Prozent liegt, bleibt alles offen. Weil die Institute bei früheren Umfragen oft stark daneben lagen, halten viele Briten wenig von all diesen Zahlen.
(J21)