Schon erstaunlich, die Heftigkeit der Reaktionen, die eine simple Video-Aktion in den letzten Tagen erregt hat. Unter dem Hashstag «allesdichtmachen» äussern sich über fünfzig prominente deutsche Schauspielerinnen und Schauspieler in kurzen Statements zur Corona-Situation. Es geht ihnen um die Massnahmen, die von der Regierung ihres Landes ergriffen werden, um das Virus zu bekämpfen. In ihren kurzen Beiträgen bedienen sie sich probater sprachlicher Mittel – der Ironie, des Sarkasmus, gelegentlich auch des Zynismus. Dass Ironie lebensgefährlich sein kann, musste schon einer ihrer Erfinder, Sokrates, erfahren. Auf unsere zeitgenössischen Humoristen ging «nur» ein Shitstorm nieder, allerdings einer von gewaltiger Dimension. Er hat bewirkt, dass sich 18 Teilnehmer und Teilnehmerinnen von der Aktion zurückgezogen haben.
Ironie: Da sagt man mit scheinbarem Ernst etwas und meint in Wirklichkeit das Gegenteil. Man übertreibt bewusst, bedient sich einer indirekten, spielerischen Methode, um Kritik (in diesem Fall an der Corona-Politik der Regierung) zu üben. Es gibt nichts geistig Anregenderes als gut gedachte und placierte Ironie. Schauspieler, deren Beruf es ja fordert, dass sie sich verstellen können, sind prädestiniert für die «allesdichtmachen»-Aktion.
Schaut man sich die Videos an, gerät man in Wechselbäder. Von scharfsinnig bis unbedarft, von schneidend bis harmlos, von brillant bis ärgerlich kann man alles erleben. Einer distanziert und distanziert sich, auch von sich selbst; ein anderer testet sich negativ und kann es kaum fassen, dass negativ jetzt positiv und positiv negativ ist; ein dritter rät: «Bleiben Sie gesund, verzweifeln Sie ruhig, aber zweifeln Sie nicht». Ironie kann inspirierend, abgründig, amüsant sein. In pandemischen Zeiten ist sie für diejenigen, die sich ihrer bedienen, vor allem eines: gefährlich.