Erste Meldungen, nach denen er das Land verlassen habe, wurden dementiert. Doch dass er in Sicherheit gebracht worden sei, räumten amtliche Sprecher ein. Vielleicht befindet er sich in Abyan, der nächsten Provinz östlich von Aden, woher er stammt und wo er Anhänger hat.
Fall der wichtigsten Luftwaffenbasis
Die Flucht aus dem Palast wurde nötig, nachdem die Huthis und mit ihnen kollaborierende Soldaten der regulären Armee am Mittwochmorgen die Luftwaffenbasis von Anad erobert hatten. Diese Basis liegt 60 Kilometer nordwestlich von Aden in der Nähe der Hauptstadt der Provinz Lahej, der westlichen Nachbarprovinz von Aden, die Huta heisst. Das Umfeld der Basis war von Anhängern des Präsidenten al-Hadi einige Stunden lang verteidigt worden. Etwa hundert Mann, amerikanische und einige britische Soldaten, die dort stationiert gewesen waren, hatten schon am vorausgegangenen Montag die Basis geräumt.
Dies dürften Spezialisten gewesen sein, die teils mit der Ausbildung der jemenitischen Luftwaffe zu tun hatten, teils mit der Betreibung der Drohnen, die gegen Kaida Kämpfer von AQAP eingesetzt worden waren.
Unterwegs nach Aden
Natürlich muss es auch Bestandteile der jemenitischen Armee und Luftwaffe auf der Basis gegeben haben. Was mit ihnen geschah, ist unklar. Vielleicht entschlossen sie sich auf die Seite der Huthis und ihres Verbündeten, des ex-Präsidenten Ali Abdullah Saleh, zu treten.
Allen Meldungen nach befinden sich die Huthis jetzt auf einem raschen Vormarsch nach Aden. Den Verteidigungsminister Jemens, der erst kürzlich aus Sanaa geflohen war, um al-Hadi zu helfen, wollen sie in Huta gefangen genommen haben. Er soll dort versucht haben, Milizen zur Verteidigung al-Hadis zu mobilisieren. Auf den Kopf al-Hadis haben die Huthis einen Preis von 93`000 Dollar ausgesetzt.
Hilferuf an die Weltmächte
Al-Hadi hatte am Dienstag, als er sich noch in seinem Palast befand, den Sicherheitsrat und die Staaten des Golfrates aufgerufen, gegen die Huthis einzuschreiten. Er regte an, eine Überflugverbotszone einzurichten. Beide Instanzen erkennen ihn als den legalen Präsidenten Jemens an. Der Sicherheitsrat hat ihm dies noch einmal bestätigt. Doch mehr hat er nicht getan.
Saudi Arabien hat Truppen und Kriegsmaterial an der Nordgrenze Jemens zusammengezogen. Auch Artillerie soll dabei sein. Auf der anderen Seite der Grenze liegen die Provinz und die Stadt Saada, der Heimatort der Huthis. Die Beobachter sagen, das Dispositiv der Saudis nehme sich eher wie ein Verteidigungsdispositiv aus als ein Aufmarsch zum Angriff. Der saudische Aussenminister Saud al-Faisal hat erklärt, sein Land gedenke "seine Interessen vor der Aggression der Huthis zu schützen". Die Huthis gaben eine temperamentvolle Erklärung ab, entsprechend der sie alle Angreifer Jemens blutig zurückweisen wollten.
Einmischung machte es noch schlimmer
Die Beobachter glauben, ein Stellvertreterkrieg im Jemen zwischen den Saudis und den Iranern wäre das Schlimmste, was Jemen geschehen könnte. Er würde allem Ermessen nach jahrelang dauern und kaum zu einer klaren Entscheidung führen. Ein Bürgerkrieg allein unter den Jemeniten wäre natürlich auch nicht erfreulich. Doch er könnte rascher beendet werden oder mindestens zu Formen von Stammeskämpfen und Verhandlungen führen, die weniger zerstörerisch ausfielen als ein Krieg mit dem Geld und den Waffen der grösseren Mächte.
Der Entschluss der Huthis, bis nach Aden vorzudringen, scheint als Reaktion auf die grossen Selbstmordanschläge, angeblich von dem IS, auf Huthi-Moscheen in Sanaa vom vergangenen Freitag zustande gekommen oder beschleunigt worden zu sein. Dank der Zusammenarbeit von Huthis und bedeutenden Teilen der regulären Armee bedeutet er militärisch kein grosses Risiko, doch politisch ist er nicht ohne Gefahr für die Huthis, weil sie dadurch tief in die sunnitischen Landesteile vorstossen.
Blitzaktion der Huthis
Taif, die Stadt, die als der Torweg von Nordjemen zum Süden gilt, wurde am Samstag und Sonntag von den Huthis und verbündeten Armeeeinheiten besetzt. Sie nahmen den Flugplatz ein und flogen dann Einheiten aus Sanaa dorthin. Darauf besetzten sie die Stadt. Panzer und Lastwagen folgten zu Lande. Die Bewohner, Sunniten und bittere Feinde des Ex-Präsidenten, zogen auf die Strasse, um gegen die Huthis zu protestieren. Diese setzten Tränengas gegen sie ein, und sie sollen mindestens neun der Demonstranten erschossen haben. Derartige Machtdemonstrationen können die Lage provisorisch beruhigen. Doch es ist zu erwarten, dass sich ein Widerstand im Untergrund bilden wird.
Wenn sie Aden einnehmen, müssen die Huthis auch dort mit dem Widerstand der Bevölkerung rechnen. Sie haben bereits erklärt, sie gedächten Aden "nicht zu besetzen". Doch wie sie die Stadt erobern wollen ohne sie zu besetzen, ist unklar.
Die Meerenge von Bab al-Mandeb
Weltpolitisch ist der Vorstoss der Huthis und Pro-Saleh-Truppen nach Südjemen vor allem wegen der Meerenge von Bab al-Mandeb von Bedeutung. Dies ist der südliche Zugang zum Roten Meer, sein nördlicher Ausgang ist der Suezkanal.
Das heisst: die gesamte weltweite Schifffahrt, die den Suezkanal benützt, durchquert auch Bab al-Mandeb (eine Ausnahme ist nur der Verkehr, der von Norden nach Jidda und andere Rotmeerhäfen führt). Von Aden aus lässt sich Bab al-Mandeb leicht sperren.