Ursprünglich war man geneigt, der Behauptung der Widerstandskräfte mindestens einiges Gehör zu schenken. Sie hatten erklärt, die Regierung habe diese Bombenanschläge selbst organisiert, um den Widerstand zu diskreditieren. Doch je mehr solcher Bomben hochgehen und je deutlicher wird, dass ihr Ziel regelmässig die Sicherheitskräfte der Regierung sind, desto unwahrscheinlicher wird diese Vermutung.
Qaeda oder verwandte Kräfte?
Also war es al-Qaeda, wie die syrische Regierung behauptet? Dafür spricht jedenfalls, dass es Aufrufe von Zawahiri gab, dem jetzigen Chef des Terrorverbandes. Dajrin forderte er die Muslime auf, gegen das Asad-Regime zu kämpfen. Auch kann man in Betracht ziehen, das es unter den angeblich privaten E-mails von Präsident Asad und seiner Frau, die kürzlich gehackt und publik gemacht wurden, ein Mail gab, in dem der Präsident davor gewarnt wurde, die vorausgegangenen Anschläge als ein Werk der Qaeda zu bezeichnen.
Dies sei ein schwerer propagandistischer Missgriff, meinte der Warner. Vermutlich hatte er dabei im Auge, dass ein Eingreifen von al-Qaeda die Amerikaner dazu bewegen könnte, ihrerseits in Syrien aktiv zu werden, um zu vermeiden, dass sich al-Qaeda auch in Syrien im Schatten der inneren Unruhen festsetze. Dies ist in Jemen geschehen und hat dort zu einem amerikanischen Drohnen-Einsatz zur Bekämpfung der jemenitischen Qaeda geführt - sowie auch zu diplomatischem Druck von Seiten Washingtons und Saudi Arabiens, um den dortigen Präsidenten zum Rücktritt zu bewegen.
Aufgeben oder weitermachen?
Es gibt aber auch über diese stets ungewissen Hinweise hinaus eine beinahe regelmässige Entwicklung, die bei den irregulären Kämpfern beobachtet werden kann, wenn diese auf Abwehr durch waffen- und mannschaftsmässig überlegene reguläre Armeekräfte stossen. Im Falle, dass sich die Armee, wie es oft geschieht, als die überlegene Kraft erweist, stehen die "Irregulären" (die von ihren Gegnern immer als "Terroristen" bezeichnet werden) vor der Frage: Aufgeben oder weitermachen? - Aufgeben wollen sie nicht, oder jedenfalls nicht alle von ihnen. Das vergossene Blut ihrer Kameraden ist stets ein wichtiger Grund dafür, dass sie diese Möglichkeit ausschliessen.
Ein anderer Grund liegt in der Behandlung, die sie von Seiten der "regulären Macht" zu erwarten hätten, falls sie aufgeben würden.
Der Griff zur Bombe
Doch Weitermachen bedeutet auch die Notwendigkeit eines Strategiewechsels. Dieser besteht aus dem Übergang von der bewaffneten Konfrontation im Stil der Guerilla zum Bombenkrieg, der in den jüngsten Jahren immer mehr ein Krieg mit Selbstmordbomben geworden ist, weil sich diese als sehr viel wirksamer (das heisst gefährlicher) erwiesen, als bloss aus der Entfernung gezündete Bomben.
Die ersten Selbstmordbomben im Nahen Osten kamen im Oktober 1983 im libanesischen Bürgerkrieg gegen Amerikaner, Franzosen und Israeli zum Einsatz. Alle drei hatten damals überlegene Truppen in Libanon stehen, die von den lokalen Kämpfern mit "regulären" Methoden nicht bekämpft werden konnten.
Die Entwicklung der PLO
Den Übergang von frontal geführter Guerilla zum irregulären, auch Terrorismus genannten Krieg, hatte natürlich der palästinensische Widerstand gegen die überlegene israelische Macht schon viele Jahre zuvor vollzogen. Auch dieses Ringen hatte mit dem Versuch begonnen, einen Guerilla-Krieg, damals nach vietnamesischem Vorbild, gegen Israel auszulösen (PLO ab 1955, verstärkt seit 1968) und hatte sich dann notgedrungen immer mehr auf Bombenanschläge konzentriert. Diese Phase war erst mit dem Bau der Mauer zur Abschirmung Israels seit dem Jahr 2000 zu Ende gegangen.
Die ägyptischen Jihadisten
Ein vergleichbarer Vorgang war in Ägypten zu beobachten, als die ersten "Jihadisten" sich als Glaubenskämpfer gegen den "heidnischen" ägyptischen Staat erhoben und in die Wüste "auswanderten", um von dort aus einen Guerilla-Krieg gegen die ägyptische Armee zu führen. Sie warenb jedoch schon sehr bald gezwungen, zu einem Krieg der individuellen Anschläge und der Bomben im Niltal und in den Städten überzugehen.
Schliesslich, nachdem sie 1981 Präsident Sadat ermordet hatten, wurden die Jihadisten in Ägypten eliminiert. Einige fanden jedoch Asyl bei Bin Laden in Afghanistan. Zu ihnen zählt prominent der heutige Qaeda-Chef Zawahiri.
Der irakische Widerstand
Im Irak, nach der amerikanischen Invasion, gab es eine ähnliche Entwicklung. Eine Guerilla gegen die Amerikaner war ursprünglich vom Regime Saddams geplant, kam aber nie zum Zuge. Dafür entwickelte sich ein Bombenkrieg grossen Ausmasses, sowohl gegen die amerikanischen Soldaten wie auch zur Anfachung eines Bürgerkriegs unter den Irakern selbst, der dann von 2005 bis 2007 vernichtend zwischen irakischen Schiiten und Sunniten tobte, und der sich gegenwärtig zu erneuern droht.
Bombenkrieg, auch in Syrien?
Nach einem Jahr der Konfrontation in Syrien sieht sich der syrische Widerstand in einer ähnlichen Lage. Zuerst wollte er mit gewaltlosen Mitteln gegen die Regierung einschreiten. Doch diese antwortete mit übermässiger Gewalt, was jedoch zum Abbröckeln der syrischen Streitkräfte führte.
Die Streitkräfte werden in den Schlüsselpositionen von alawitischen Offizieren kommandiert und kontrolliert. Als die leitenden Offiziere ihren überwiegend sunnitschen Soldaten befahlen, auf die sunnitische Zivilbevölkerung zu schiessen, das heisst auf ihre eigenen Verwandten und Religionsgenossen, begann eine Desertionsbewegung, natürlich vor allem in den unteren Rängen der Streitkräfte, die weitgehend aus Sunniten bestehen.
Die Sunniten machen rund 70 Prozent der syrischen Bevölkerung aus. Doch die Schlüsselpositionen in der Armee und in den Sicherheitskräften sind von Alawiten besetzt, Angehörigen der Minderheit von maximal 15 Prozent, zu welcher auch der Staatschef gehört.
Unsicherheit über das Ausmass der Desertionen
Kein Aussenstehender kann sagen, wie stark der Zusammenhalt der syrischen Streitkräfte durch dieses Abbröckeln von Soldaten, Unteroffizieren und einigen Offizieren mehr niedrigen Ranges wirklich gefährdet ist. Natürlich versuchen die leitenden Offiziere sich davon ein Bild zu machen. Doch was sie darüber denken, gelangt nicht an die Aussenwelt. Nach aussen hin wird immer und systematisch von "bewaffneten Banden" gesprochen, die "vom Ausland aufgehetzt und unterstützt" würden. Nie fällt das Wort "Deserteure".
Kurzfristig befreite Gebiete
Doch deutlich wurde, dass diese Deserteure nach Möglichkeit ihre Waffen mitbrachten, vielleicht primär zu Selbstverteidigung im Falle dass sie gestellt würden. Es gab so viele Überläufer, dass sie vorübergehend bestimmte Regionen oder Stadtteile beherrschen und sie gegen kleinere Truppeneinheiten der regulären Armee zunächst halten konnten.
Doch die Erfahrung hat auch gezeigt, dass die Armee weiterhin über weit überlegene Feuerkraft verfügt. Tanks und Kanonen wurden eingesetzt, um die von den Deserteuren verteidigten Gebiete zu umzingeln, über längere Fristen hinweg zu beschiessen (in Homs dauerte die Beschiessung dreieinhalb Wochen) und sie schliesslich zu stürmen. Die Deserteure (die sich gerne die Freie Syrische Armee – FSA - bezeichnen) sahen sich gezwungen, "aus taktischen Gründen" aus den von ihnen gehaltenen Gebieten "abzuziehen", respektive zu fliehen.
Zivilisten – Zielscheibe der Armee
Als sie begannen, Dörfer oder Stadtviertel "zu besetzen", erklärten die Kämpfer der FSA, sie täten dies, um die zivilen Demonstranten "zu verteidigen". In der Realität bewirkten sie freilich das Gegenteil; sie brachten die gewaltlosen Demonstranten und all ihre Familien in höchste Gefahr. Die Zivilisten wurden zusammen mit den Deserteuren zum Ziel der Armee, welche sie ebenso rücksichtslos bekämpften wie die Deserteure selbst. Doch für diese Zivilisten - Frauen, Kinder, ältere Leute - war die Flucht aus den beschossenen Gebieten sehr viel gefährlicher oder schlechterdings unmöglich.
Die Brutalität der „Gespenster“-Milizen
So war denn die Zivilbevölkerung der Repression der Armee schutzlos ausgesetzt. Die besonders für derartige Zwecke mobiliserten und aufgebauten sogenannten Shabbiha-Milizen entfalteten dabei ihre ganze Brutalität. Shabbiha (wörtlich "Gespenster") ist eine Miliz, die primär aus Alawiten besteht, die jedoch auch Verbecher und Schläger aus anderen Gemeinschaften aufnimmt.
Sie kämpft in Zivil, wird aber von den Geheimdiensten ausgerüstet und eingesetzt. Man sagt ihnen nach, dass sie ihre Opfer nicht erschiessen sondern abschlachten, indem sie ihnen die Kehle durchschneiden. Was sie den Frauen antun, kann man sich ausmalen. Aus Homs und aus der kurz nachher mit den gleichen Methoden "eroberten" oder "befriedeten" Stadt Idlib wird gemeldet, die eindringende Armee und die Shabbiha-Kräfte trennten die Frauen und Kinder von der männlichen Bevölkerung. Zu den Männern würden auch alle Knaben ab 12 (nach anderen Quellen ab 14), geschlagen. Die Männer würden abgeführt, um manchmal an Ort und Stelle erschossen zu werden. Manchmal würden sie verschwinden, und niemand wisse wohin. Frauen und Kinder überlasse man ihrem Geschick. Natürlich fehlt Nahrung, oft auch Wasser und jedenfalls Elektrizität. Die Häuser sind weitgehend zerstört durch die Beschiessungen. Was ausgeraubt werden kann, wird geplündert. In Syrien herrscht strenger Winter.
Die Armee schont ihre Kräfte
Man kann erkennen, dass die Armee eine eigene Taktik entwickelt hat, die ihrer inneren Lage entspricht. Durch die langhingezogenen Beschiessungen der widerspenstigen Stadtteile und Quartiere werden die eigenen Soldaten geschont. Sie sind auch nicht gezwungen, aus der Nähe auf ihre eigenen Mitbürger und Religionsgenossen zu schiessen. Dies geschieht aus der Distanz mit Kanonen. Die Belagerer wissen zwar ungefähr, was sie bewirken, aber sie sehen es nicht mit eigenen Augen.
Als Speerspitze der direkten und blutigen Repression dienen offenbar die Shabbiha-Milizen, die aus dem Hintergrund von den Geheimdiensten eingesetzt und motiviert werden. Diese vorwiegend alawitischen Milizen fürchten sich vor einem sunnitischen Sieg, was ihren Hass auf die Sunniten noch schürt. Die Milizen rechnen sich aus, dass sich die Sunniten bei einem Sieg an den Alawiten rächen würden. Deshalb tun die Milizen alles, um einen solchen Sieg zu verhindern.
In Homs selbst gibt es zwei Stadtteile, in denen mehrheitlich Alawiten leben. Dort und in den umgebenden "alawitischen" Dörfern wächst die Angst und der Hass auf die sunnitische Mehrheit. In den alawitischen Dörfern Nordsyriens sollen die Armee und die Sicherheitsdienste die Dorfbewohner auffordern, Schützengräben anzulegen, um sich gegen "die Sunniten" aus den Nachbardörfern oder eindringende "Banden", lies Deserteure, zu verteidigen.
Ein Widerstandsnest nach dem anderen
Nach der Umstellung, Beschiessung und schliesslich "Reinigung" der aufsässigen Quartiere von Homs - und später der Stadt Idlib - scheint nun die Reihe an den Flecken Deraa gekommen zu sein, wo die Massendemonstrationen vor einem Jahr ihren Anfang genommen hatten. Auch dort wurden nun Tanks und Geschütze um die Stadt herum aufgestellt, und die Beschiessung hat begonnen. Gegen diese Methoden ist mit den leichten individuellen Waffen, über welche die Überläufer verfügen, nicht aufzukommen. In Idlib scheint der Widerstand relativ rasch zu Ende gegangen zu sein, weil es den Deserteuren an Munition fehlte.
Verminung der Grenzgebiete
Das Vorgehen von Stadt zu Stadt erlaubt es den syrischen Streitkräften, an den kritischsten Stellen, wo es am ehesten zu Desertionen kommen könnte, jene Eliteruppen einzusetzen, die ganz aus Alawiten bestehen. Die Verminung der Grenzgebiete gegen die Türkei, Libanon und Jordanien dient dem doppelten Zweck, Waffenschmuggel zu Gunsten der FSA zu unterbinden und mögliche Überläufer dadurch abzuschrecken, dass sie nur unter Lebensgefahr Zuflucht jenseits der Grenzen finden. Dass auch Zivile betroffen sind, dürfte die syrischen Sicherheitsdienste und Armeekommandanten kaum stören.
Bisher überlegene Armee
Die Gesamtlage in Syrien lässt sich von aussen her nicht mit Gewissheit beurteilen. Die Regierung tut alles, um sie zu verschleiern. Sie erreicht dies in erster Linie, indem sie unparteiische Augenzeugen nach Kräften fern hält. Doch der Fall des Oppositionszentrums Homs, der von Idlib, der vorausgehende von Zabadani, der neue Belagerungsbeginn von Deraa, lassen erkennen, dass die Armee gegenwärtig das Übergewicht besitzt und dass sie eine Taktik entwickelt hat, die den gegeben Umständen angemessen ist und den Streitkräften weitere Erfolge verspricht.
Die grösste Unbekannte dabei ist, ob und wie viel weiteres Abbröckeln der Armee in ihren unteren Rängen noch stattfinden wird. Diese Frage stellt sich natürlich auch den leitenden Offizieren. Man hat zu erwarten, dass sie alles tun werden, um Desertierungen zu verhindern. Dabei werden sie auch vor den grausamsten Mitteln nicht zurückschrecken, wenn es darum geht weitere Deserteure abzuschrecken.
Der Fehler einer statischen Verteidigung
Den Versuch der Deserteure, die zivilen Demonstranten "zu verteidigen", muss man als einen strategischen Fehler einstufen. Dass die einzelnen Deserteure so handelten, ist verständlich. Sie suchten dort Schutz- und Abwehrpositionen aufzubauen, wo sie eine Bevölkerung vorfanden, die mit ihnen sympathisierte, also in den Zentren der zivilen gewaltlosen Opposition. Doch sogar oberflächlich ausgebildete Offiziere hätten erkennen und wissen müssen, dass leicht bewaffnete Kämpfer keine Chance hatten, gegenüber den schweren Waffen der syrischen Armee (Tanks, Kanonen, Kampfhelikopter) statische Positionen zu halten. Nur ein beweglicher Guerilla-Krieg, der den Gegner gezwungen hätte, sich über weite Flächen zu verteilen und dadurch verwundbar zu werden, hätte einige Erfolgschancen geboten.
Keinen durchdachte Strategie der Freien Syrischen Armee
Es hätte auch von vorneherein klar sein müssen, dass der Versuch, Ortschaften oder Stadtquartiere zu "verteidigen", nur mit der Aufopferung der zivilen Bewohner enden konnte.
Man kann vermuten, dass es in der Realität gar keinen taktisch oder strategisch durchdachten Einsatz der FSA gab, sondern dass Gruppen von Deserteuren sich zusammentaten und ihren eigenen Kampf improvisierten, ohne sich erreichbare Ziele zu setzen und ohne zu erkennen, was ihre Kampfmethoden für die betroffene Zivilbevölkerung bedeuteten.
Hoffnungen auf westliches Eingreifen
Dass viele dieser Kämpfer Hoffnungen hegten, Aussenmächte könnten zu ihren Gunsten einschreiten, wie dies ja in Libyen der Fall gewesen war, ist wahrscheinlich. Um zu erkennen, dass dies nicht notwendigerweise der Fall sein würde, hätte es sehr viel mehr Übersicht über die komplexen internationalen Verhältnisse und Interessengewebe gebraucht, als sie die grosse Mehrzahl der einfachen Kämpfer besitzen konnte.
Machtlose Exil-Politiker
Die syrischen Politiker im Ausland, die sich zu ziemlich zerstrittenen Gruppen - wie dem SNC (Syrian National Council) - zusammenfanden, hätten möglicherweise die Gesamtlage in Syrien genauer einschätzen können. Doch selbst wenn ihnen dies gelungen wäre, was sehr ungewiss ist, hätten sie wohl nicht über die Mittel verfügt, den verpsrengten Kräften der syrischen Deserteure Befehle zu erteilen. Es wäre ihnen wohl auch nicht gelungen, den Aufständischen taktische oder strategische Empfehlungen zu geben, um damit den Kampf gegen die Armee zu beeinflussen.
Türkische Schutzzonen?
Die nun entstandene Gesamtlage lässt erwarten, dass jene Gruppen von Kämpfern, die nicht aufgeben wollen oder nicht aufgeben können, in Syrien oder in den Gebieten jenseits der syrischen Grenze, wo sie Zuflucht fanden, vor der Frage stehen: Wie weiter? - Sie dürften erkennen, dass sie nicht in der Lage sind, Gebiete, bewohnt oder unbewohnt, gegen die syrische Armee auf Dauer zu halten, jedenfalls nicht bis sich die innere Lage innerhalb der Armee zu ihren Gunsten verschiebt.
Es dürfte ihnen auch allmählich klar werden, dass wenig Aussicht auf ein bewaffnetes Eingreifen von äusseren Kräften besteht, obwohl vielleicht die jüngsten Erklärungen Erdogans neue Hoffnungen oder Illusionen in dieser Hinsicht wecken. Erdogan hat erklärt, in der Türkei erwäge man die Schaffung von Schutzzonen innerhalb Syriens für die verfolgte syrische Bevölkerung. Er fügte aber hinzu, dies sei nur denkbar mit internationaler Zustimmung.
Der Widerstand vor der Entscheidung
Wie weiter? Gewiss werden nicht alle Gruppen der Aufständischen und Deserteure gleicher Meinung darüber sein, was getan werden könne. Doch unter den Kämpfern dürfte es Gruppen geben, die den Kampf um jeden Preis fortführen wollen. Manche dieser Verbände dürften sunnitisch-islamistisch ausgerichtete Gruppen sein, die möglicherweise aus dem Nordirak stammen oder dorthin Verbindungen pflegen, wo derartige Aktivisten immer noch aktiv sind und über grosse Erfahrung im Bombenlegen und im Umgang mit Selbstmordbomben besitzen. Dort gibt es offenbar auch noch immer Waffenlager und Sprengstoffvorräte aus der Zeit Saddams.
Qaeda oder Qaeda-ähnliche Verbände?
Wie weit solche Leute als Qaeda-Kämpfer gelten sollen, ist oft mehr eine Frage der Namengebung. Jedenfalls verfolgen sie ähnliche Ziele wie die Qaeda-Kämpfer und verwenden die gleichen Methoden. Sie geniessen auch die Zustimmung und moralische Unterstützung von Qaeda. Ob sie von dort auch Gelder erhalten, ist ungewiss, aber denkbar. Solche Gruppen dürften es sein, welche die Selbstmordbomben in Aleppo und in Damaskus gelegt haben, falls man nicht der Theorie zustimmen will, nach der sie von der Regierung selbst gelegt worden wären.
Wenn nun die Möglichkeiten einer Guerilla gegen die syrische Armee endgültig oder weitgehend unterbunden werden, ist ohne Zweifel zu erwarten, dass sich einige der Verzweiflungstäter auf das Bombenlegen konzentrieren werden. Um die dazu nötigen Mittel zu erhalten, werden sie sich bestimmt in Verbindung setzen mit den sunnitischen Extremisten, die im Nordirak und in der Anbar-Provinz, der durchlässigen Wüstenregion zwischen Syrien und dem Irak, tätig sind und die bisher ihre Bomben vor allem in Bagdad und im Südirak haben hochgehen lassen.
Werden die Saudis helfen?
Ob sich schon jetzt oder später auch die Saudis als Geldgeber oder Bewaffnungsquelle betätigen werden, bleibt abzuwarten. Dass sie dies gerne täten, haben sie angedeutet, und die Qatari stimmten ihnen bei.
Für Syrien könnte dies in den nächsten Monaten bedeuten, dass es dem Asad-Regime gelingen könnte, eine Art von oberflächlicher Sicherheit im ganzen Land wieder herzustellen. Diese würde jedoch immer wieder von blutigen Bombenanschlägen erschüttert, so wie man dies aus dem Irak gekannt hat und immer noch kennt.
Wenn der Wirtschaftsboykott des Regimes weiterhin aufrecht erhalten bleibt und ausgebaut wird, was wahrscheinlich ist, wäre die "Ruhe und Ordnung", die Asads Schergen durchsetzen würden, wohl hauchdünn an der Oberfläche und drohte auf mittlere Frist zusammenzubrechen.
Doch der Preis dafür dürfte eine Aushöhlung der politischen und der wirtschaftlichen Kräfte in Syrien werden zu Gunsten von blutrünstigen Kämpfern auf beiden Seiten, die ohne konstruktive Pläne und Aussichten mit weitgehend terroristischen Mitteln um die Macht ringen werden, ohne das geplagte Land wieder zur Ruhe kommen