Im Frühjahr letzten Jahres wurde der sudanesische Diktator Umar al-Baschir gestürzt. Jetzt wird er an den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag ausgeliefert.
Nach seinem Sturz schlossen im Sommer vor einem Jahr das sudanesische Militär und die Opposition einen Pakt. Man einigte sich auf eine Übergangsregierung, die zunächst von einem Militär und dann von einem Vertreter der Opposition geführt wird. Es war ein erster, wichtiger Schritt hin zu einer demokratischen politischen Ordnung.
Schnell kam die Befürchtung auf, dass das Militär nur deshalb dem Kompromiss zustimmte, um die damaligen Massendemonstrationen zu ersticken. Will das Militär nicht einfach Zeit gewinnen, will es wirklich die Macht abgeben?, fragten sich viele.
Wie auch immer: Die sudanesische Demokratiebewegung ist ein zartes, verletzliches Pflänzchen. Die Übergangsregierung ist mit enormen Problemen konfrontiert. Dem instabilen Staat fehlt das Geld, um Bildung, Gesundheit, Wasser- und Energieversorgung zur Verfügung zu stellen. Fünf Millionen Sudanesen leben unter der Armutsgrenze. Zudem wissen viele nach 30 Jahren Baschir-Diktatur nicht, wie Demokratie geht, wie demokratische Institutionen funktionieren.
Und jetzt kommt Trump und hängt der Übergangsregierung die Karotte vor die Nase. Er verspricht, das Land von der amerikanischen Terrorliste zu entfernen. Das ist wichtig für die Sudanesen. Denn solange sie auf der Terrorliste stehen, wird kein ausländisches Unternehmen im Land investieren.
Doch der Sudan zahlt einen hohen Preis. Das muslimische Land muss auf amerikanischen Druck hin Israel anerkennen. Damit spielt Trump Jared Kushner in die Hände, dem Ehemann seiner Tochter Ivanka, der einen umstrittenen „Friedensplan“ für den Nahen Osten hat. Nach den Vereinigten Arabischen Emiraten und Bahrein normalisiert nun also auch der Sudan die Beziehungen zu Israel.
Nicht genug: Das Land, das nach der Abtrennung des ölreichen Südsudans wirtschaftlich stark leidet, muss den USA 335 Millionen Dollar zahlen. Dies als Entschädigung für amerikanische Terroropfer. Al-Kaida-Terroristen hatten lange Zeit vom Sudan aus operiert. 335 Millionen Dollar, das ist eine horrende Summe für dieses labile Land.
Was denkt sich Trump dabei? Zwar hat die sudanesische Führung den Pakt mit den USA offiziell begrüsst. Es blieb ihr keine andere Wahl, als Israel anzuerkennen. Trump feiert den Pakt wenige Tage vor den Wahlen als aussenpolitischen Erfolg. Doch dieser könnte kontraproduktiv sein.
Umfragen zeigen, dass eine überwältigende Mehrheit der sunnitischen Sudanesen Sympathien für die Palästinenser hat und sich gegen die bedingungslose Anerkennung Israels wehrt. Viele sind jetzt wütend auf die Übergangsregierung. Man kann nicht 30 Jahre gegen die Israeli hetzen, ohne Spuren zu hinterlassen.
Zudem wird die Zahlung von 335 Millionen Dollar als schreckliche Schmach empfunden. Für das Land, das lange Jahre von Konflikten zerrissen wurde und ohnehin kein Geld hat, ist diese Summe eine riesige wirtschaftliche Belastung.
All das könnte dazu führen, dass der Druck auf den „Souveränen Rat“, wie die Übergangsregierung offiziell heisst, steigt. Doch dieser Rat steht ohnehin auf schwachen Füssen. Die Sudanesen verlangen von der Regierung eine baldige wirtschaftliche Besserstellung. Diese wird sich aber wegen der befohlenen Zahlung von 335 Millionen verzögern. Auch das erhöht den Druck auf die Übergangsregierung.
Die Gefahr besteht, dass Extremisten, inklusive Terroristen, wieder Zulauf haben. Gerade im Sudan ist das Potential solcher Kräfte gross. Das Militär könnte dann mit der Behauptung in die Bresche springen, es müsse die Ordnung wieder herstellen.
Führt Trumps Schritt dazu, dass das demokratische Pflänzchen im Sudan mit Füssen getreten wird und dann schliesslich erstickt? In der sudanesischen Diaspora in Genf schüttelt man nur den Kopf: „Trump“, sagt uns eine Sudanesin, „treibt das Land direkt den Extremisten und der Armee in die Arme.“ Und: „Er könnte damit den Terrorismus fördern, den er doch ausrotten will – und wir müssen das alles auch noch bezahlen.“
Nein, Trump ist kein weitsichtiger Aussenpolitiker, aber Aussenpolitik spielt bei den amerikanischen Wahlen auch keine Rolle.