Ministerpräsidentin Giorgia Meloni erleidet bei Regionalwahlen erstmals eine Niederlage – allerdings eine hauchdünne. Trotzdem spricht die Römer Zeitung «La Repubblica» vom «ersten durchschlagenden Misserfolg» der Regierungschefin.
Die linke Mitte jubelt. Zum ersten Mal seit Jahren hat sie wieder Grund dazu. Während Monaten reihten die Linksparteien Niederlage an Niederlage. Und die postfaschistische Regierungschefin Giorgia Meloni mit ihrer «Fratelli d’Italia»-Partei nahm scheinbar unerschütterlich eine Spitzenposition in der Parteienlandschaft ein.
Jetzt bei den Regionalwahlen auf der Insel Sardinien hat die linke Kandidatin Alessandra Todde den Vertreter der postfaschistischen Meloni-Partei «Fratelli d’Italia» um knapp 3’000 Stimmen geschlagen. Auf Todde fielen 45,4 Prozent; auf den Fratelli-Kandidaten Paolo Truzzu, den Bürgermeister von Cagliari, 45,0 Prozent.
Hohe Symbolkraft
Alessandra Todde ist Mitglied der «Cinque Stelle»-Bewegung. Unterstützt wurde sie vom sozialdemokratischen «Partito Democratico» PD. Zum ersten Mal steht nun eine Frau an der Spitze der Mittelmeer-Insel.
Als sich am Montagabend der Sieg der linken Kandidatin abzuzeichnen begann, bestiegen Elly Schlein, die Chefin der Sozialdemokraten, und Giuseppe Conte, der Chef der «Cinque Stelle», das Flugzeug, um für die Siegesfeier in Cagliari bereit zu sein. Am Dienstagfrüh um 02.00 Uhr stand der Sieg dann fest.
Auch wenn das Ergebnis nur hauchdünn ausgefallen ist – es hat für die Linke hohe Symbolkraft. Jetzt hoffen die Linken natürlich auf den Beginn einer Trendwende. «Der Appetit kommt beim Essen», sagte Giuseppe Conte.
Möglich wurde der linke Sieg nur, weil die Sozialdemokraten gemeinsam mit den Cinque Stelle ins Rennen gegangen sind. Die einstige polternde «Fünf-Sterne-Bewegung» des Komikers Beppe Grillo ist unter der jetzigen Führung des früheren Ministerpräsidenten Conte zu einer gemässigten Linkspartei herangewachsen. In vielem unterscheiden sich die Sozialdemokraten und die Cinque Stelle nicht stark voneinander. Immer wieder wird über einen Parteienzusammenschluss spekuliert. Wenn da nur nicht die Hahnkämpfe der Parteioberen währen.
Jetzt jedenfalls hat das Zusammengehen funktioniert.
Der unterlegene Fratelli-Kandidat, der auch von der Berlusconi-Partei «Forza Italia» und Matteo Salvinis rechtspopulistischer «Lega» unterstützt wurde, reagierte selbstkritisch auf seine Niederlage. «Alles ist meine Schuld» kommentierte er. Doch das stimmt nur zur Hälfte.
Es ist ein offenes Geheimnis, dass das Tischtuch zwischen Regierungschefin Giorgia Meloni und ihrem Vize Matteo Salvini zerrissen ist. Salvini manövriert sich mit Russland-freundlichen Bemerkungen immer mehr ins Abseits und zieht den Zorn der Regierungschefin auf sich. Anderseits muss Salvini, der einst davon träumte, Ministerpräsident zu werden, poltern und Meloni angreifen, damit er nicht ganz vergessen wird. Seine Lega-Partei dümpelt bei 8 Prozent dahin.
Nasenstüber für Meloni?
Kommentatoren schliessen es nun nicht aus, dass jetzt auf Sardinien Getreue von Salvini gegen den Meloni-Kandidaten Truzzu gestimmt haben, um der Regierungschefin eins auszuwischen. Andererseits haben die Querelen in der Regierung den Regierungsparteien vermutlich einige Stimmen gekostet.
«Die hartnäckige Geschlossenheit zwischen Sozialdemokraten und Cinque Stelle hat sich ausgezahlt», erklärte Elly Schlein. Und die siegreiche Alessandra Todde ergänzte: «Das Bündnis zwischen dem sozialdemokratischen PD und den Fünf Sternen ist der einzig gangbare Weg.» Kommentatoren kommentieren: Das ist die einzige Formel, um Meloni zu schlagen.