Am Boden stehen drei bläuliche Solarwürfel, die zitternd hin und her tänzeln. Sie veranschaulichen ganz direkt, wie Energie aus Sonnenlicht umgewandelt und veranschaulicht werden kann. Im Verkehrshaus zeigt man passend, wie aus Sonnenenergie Fortbewegung und Mobilität entsteht. Dies kann direkt durch Einstrahlung oder indirekt über Speicherung geschehen. Längst messen sich Solarmobile in Wettfahrten, längst kennen wir Haustechnik, die Sonnenenergie miteinbezieht. Neu sind nach den E-Bikes die ersten serienmässig hergestellten Elektroroller, aufladbare Batterien für Rollstühle, Vertikal-Windräder, die geräuschlos rotieren, Strassenlampen, die sich an Ort und Stelle aufladen und keine teuren Installationen mehr benötigen. Und dass neben Solarbooten auch Flugzeuge mit Sonnenenergie die Welt umrunden können, will Bertrand Piccard demnächst beweisen.
Mehr als ein Modetrend
Dass das Verkehrshaus der Schweiz nicht einfach auf einen Nach-Fukushima-Modetrend aufspringt sondern es ernst meint, bestätigt der Ausstellungsgestalter Daniel Schlup: „Wir haben diese Ausstellung schon vor zwei Jahren geplant und wussten noch gar nicht, wie richtig wir damit liegen.“ Und als ob er die Glaubwürdigkeit noch unterstreichen möchte, zeigt er auf zwei riesige Steckdosen, die symbolisieren, dass ein Grossteil des Stroms für den Betrieb des Verkehrshauses auf den eigenen Dächern produziert wird.
60 Energiesklaven…
In einem menschengrossen „Hamsterrad“, können Ausstellungsbesucher selber Strom erzeugen. „Mit einiger Anstrengung erziele ich dort um die 100 Watt“ erläutert Schlup sein Lieblingsobjekt.
„Wenn man jedoch bedenkt, dass ein Durchschnittsmensch bei uns in der Schweiz andauernd rund 6000 Watt an Energie verbraucht an Leistung beansprucht, dann bräuchte ich 60 „Energiesklaven“ (ein Begriff des Astrophysikers Hanspeter Dürr), welche permanent mittreten, damit mein aktueller Strombedarf Energiebedarf gedeckt ist. Das zeigt realistisch das Verhältnis zwischen Verbrauch und Produktion Bereitstellung.“
Überhaupt möchte Schlup „die Begriffe wie Watt und Wattstunden“ einer breiten Bevölkerung – vor allem natürlich auch Schulklassen - vertrauter machen. Und selbst er, der Ausstellungsmacher, hatte erstaunliche Aha-Erlebnisse: “Ich war mir zu wenig bewusst, dass Sonnenenergie nur als Licht zu uns kommt und sich erst beim Auftreffen auf eine Oberfläche in Wärme wandelt. Ich dachte lange, da kommt Wärme durchs Weltall“. Möglichst viele solche Erkenntnisse möchte die Sonderschau fördern.
Zentralstern der Erde
Aber woher bezieht denn die Sonne ihre Energie? Eine Projektion mit dem Titel „Das Herz der Sonne“ begleitet die Sonderschau zu fixen Zeiten im Planetarium. An der Vernissage erläuterte dazu Frau Prof. Marcella Carollo, Leiterin des Instituts für Astronomie an der ETHZ jenes Gestirn, das in Kreuzworträtseln oft als „Zentralstern der Erde“ bezeichnet wird. „Distanzen und Dimensionen sind für uns fast unvorstellbar gross: Unser Erdball hätte in der Sonne zum Beispiel 1,3 Millionen Mal Platz“.
15 Millionen Grad heiss
Anhand der Farbe lässt sich auch die Temperatur der Sonne abschätzen. An der Oberfläche ist unsere Sonne rund 6000 Grad «kühl», im Innern des Gasballs aber etwa 15 Millionen Grad heiss. Wie produziert die Sonne diese unglaublichen Temperaturen? Die Sonnenenergie kommt mittels Kernfusion zustande. In den Kernkraftwerken auf der Erde läuft genau der umgekehrte Prozess ab, eine Kernspaltung. Auf der Sonne verschmelzen Atomkerne miteinander.
Verständliche Erklärungen zur Sonnenenergie finden sich auch im kürzlich erschienenen Meteobuch „Geht dem Wind die Luft nie aus?“ (Lokwort-Verlag): Im Innern herrschen wie erwähnt rund 15 Millionen Grad und ein Druck von 300 Milliarden Bar. Je höher die Temperatur, umso schneller bewegen sich die Gasatome. Bei diesen hohen Temperaturen und Drücken prallen Wasserstoffteilchen mit einer solchen Wucht aufeinander, dass sie gleich miteinander verschmelzen. Aus vier Wasserstoffatomen entsteht ein Heliumkern. Dabei geht aber ein kleiner Teil der Masse verloren: Ein Heliumkern hat 1% weniger Gewicht als die vier Wasserstoffkerne zusammen.
Noch 5 Milliarden Jahre
Der grosse Physiker Albert Einstein konnte mit seiner berühmten Formel E = mc2 zeigen, dass die Masse, die bei Lichtgeschwindigkeit bewegt wird, direkt in Sonnen- oder Strahlungsenergie umgewandelt wird. Bei der Freisetzung dieses einen Prozents an Energie wird die Sonne in jeder Sekunde um 4 Millionen Tonnen leichter. Doch keine Angst: Die Sonne wird nicht so rasch ihre Vorräte aufgebraucht haben und verglühen: In den 4 Milliarden Jahren ihrer Existenz hat sie bloss etwa einen Drittel ihres Wasserstoffs verbraucht – sie kann noch mindestens 5 Milliarden Jahre so weiterglühen.
Nicht alle Energie gelangt zu uns auf die Erde, weil die Sonne ihr Licht rundum ins Weltall schickt: Bei senkrechter Einstrahlung ist es aber noch immer etwas mehr als l kW/m2. Das reicht, um unsere ganze Erde belebbar und bewohnbar zu machen. Das Sonnenlicht, das sich in Lichtgeschwindigkeit fortbewegt, braucht 8,3 Minuten, bis es bei uns in der äussersten Atmosphäre auftrifft.
„Energiewende ist möglich“
Können erneuerbare, alternative Energien unseren Energiebedarf auch ohne Atomkraft decken, umso mehr, als Sonne ja nicht immer scheint? Während im Hintergrund BesucherInnen ihr Gleichgewicht auf Segways testen und das erste Auto - dessen Elektromotor nicht den Benzinmotor stützt, sondern umgekehrt - seine Runden zieht, bestätigt uns Ausstellungsmacher Daniel Schlup seine Überzeugung: „Ich habe früher auch eher geglaubt, Sonnenenergie sei etwas für wärmere Zonen. Mittlerweile ist es für mich keine Frage mehr, dass es auch in unseren Breitengraden möglich ist. Zudem sind die Speichermöglichkeiten heute bereits so entwickelt, dass auch sonnenarme Zeiten und Nächte überbrückt werden können“. Sonne wird also nicht nur in der Mobilität weiter bewegen, sondern ganz offensichtlich auch in der Energiepolitik…
„Sonne bewegt“ (noch bis 21. Oktober 2012) Sonderausstellung im Verkehrshaus der Schweiz www.verkehrshaus.ch