Italiens energischer Ministerpräsident Renzi wollte, dass seine Aussenministerin Federica Mogherini neue EU-Aussenbeauftragte wird. Daraus wird vorerst nichts. Die Opposition gegen die sozialdemokratische 41-jährige Politikwissenschaftlerin ist gross. Der Posten bleibt vakant. Dem neuen Kommissionspräsidenten Juncker ist es nicht gelungen, am Sondergipfel in Brüssel die wichtigsten Posten der EU zu besetzen. Wieder einmal kann sich die EU nicht einigen. Wieder einmal herrscht Ratlosigkeit. Ende August will man es erneut versuchen. Wieder einmal bricht Häme über die Gemeinschaft herein. „Zahnloses Monster“ höhnen die EU-Kritiker.
Aber: Die EU ist ein Gebilde mit den verschiedensten Kulturen, Parteien, Ideologien, Charakteren, geschichtlichen Hintergründen. Ist es da nicht normal, dass man nicht auf Anhieb ein Herz und eine Seele ist? Was hat ein Este mit einem Kalabresen gemeinsam? Es ist doch normal, dass jedes Land, jeder Regierungschef sein Prestige in die Waagschale werfen will, wie zum Beispiel Renzi. In der EU findet eine demokratische Ausmarchung statt. Das ist doch toll. Oder hätten wir lieber eine Diktatur mit sofortigen Entscheidungen?
Zuerst entscheiden die Regierungschefs, dann segnet das vom Volk gewählte Europa-Parlament die Nominationen ab.
Solch demokratische Prozesse bringen nicht immer sofortige Entscheidungen. Wir Schweizer sind die ersten, die das wissen. Auch bei uns dauern Entscheidungen oft lange, auch bei uns wird nicht immer der Beste gewählt, sondern – nach langem Hickhack - ein Kompromisskandidat. Die EU wird sich zusammenraufen und Lösungen finden, so wie sich die Schweiz immer zusammenrauft. Häme über die EU auszuschütten, ist ziemlich billig.