Verteidigungsminister ist Khaled al-Obaidi aus Mosul. Er steht dem geflohenen Gouverneur von Mosul, Atheel Nujaifi und dessen Bruder, Osma Nujaifi, dem ehemaligen Parlamentssprecher, nahe. Die Nujaifi sind einflussreiche sunnitische Politiker, die unter al-Maliki versucht hatten, die legale sunnitische Opposition anzuführen.
Früherer Offizier in Saddams Luftwaffe
Al-Obaidi selbst war ein hoher Offizier in der Luftwaffe Saddam Husseins, das heisst er ist einer der irakischen Militärs, die von den Amerikanern nach ihrer Invasion fristlos entlassen wurden. Er gilt als ein Berufssoldat, der in den vergangenen Jahren die Zustände innerhalb der irakischen Armee heftig kritisiert habe. Diese schlechten Zustände waren durch schiitische Führungskräfte in der Armee gegeben, deren Hauptqualifikation darin bestand, dass sie das Vertrauen des früheren Ministerpräsidenten Nuri al-Maleki genossen. Dazu kam, dass sie als überaus korrupt galten.
Die Iraker bezeichnen Soldaten, die nicht bei der Armee sind, sondern ihren zivilen Interessen nachgehen, während sie ihren Sold ganz oder teilweise an ihre kommandierenden Offiziere abgeben, als "Astronauten", weil sie irgendwo weit weg in der Welt herumschweben. Sie sagen, die "Astronauten" seien zurzeit noch zahlreicher geworden als früher, weil gegenwärtig von den irakischen Militärs erwartet wird, dass sie in den gefährlichen Krieg gegen IS ziehen.
Der neue Verteidigungsminister wird diese Zustände anpacken müssen. Amerikanische Ausbilder sollen ihm dabei zur Seite stehen, ob sich das als Vorteil oder als Nachteil erweisen wird, bleibt abzuwarten.
Kompromiss um das Innenministerium
Der Innenminister Muhammed Salem al-Ghabban, ein Schiite, ist das Resultat eines hart umkämpften Kompromisses. Die in den schiitischen Landesteilen mächtige schiitische Miliz der "al-Badr"-Kräfte wollte unbedingt ihren Anführer, Hadi al-Amri, zum Innenminister erhoben sehen. Die Sunniten lehnten dies strikte ab, weil al-Amri als eines der Oberhäupter auf der schiitischen Seite im Untergrundkrieg der Schiiten gegen die Sunniten der Jahre 2006 und 2007 gewirkt hatte.
Damals sind Tausende von Personen in den gemischt schiitisch-sunnitischen Landesteilen, darunter auch Bagdad, durch Mordaktionen umgekommen, oftmals zu Tode gefoltert.
Al-Amri als Innenminister hätte für die Sunniten signalisiert: nichts hat sich geändert, die Regierung ist nach wie vor einseitig schiitisch! Dies wurde vermieden, möglicherweise unter Zuspruch der Amerikaner, doch der Kompromiss, der gefunden wurde, besteht daraus, dass ein anderes Mitglied der "al-Badr" Führung, eben al-Ghabban, Innenminster wurde.
Beobachter sagen schon jetzt, dies werde bedeuten, dass al-Amri in Wirklichkeit das Geschehen im Inneministerium bestimmen werde, wenngleich indirekt über den neuen Minister. Die Badr-Miliz steht Iran nahe. Ursprünglich wurde sie in Iran von irakischen Schiiten gebildet, die im Krieg Saddam Husseins gegen Iran (1980-88) nicht gegen ihre iranischen Mit-Schiiten kämpfen wollten und deshalb nach Iran überliefen. Sie kämpften dann mit den iranischen Truppen gegen Saddam Hussein und sind erst nach der amerikanischen Invasion von 2003 nach ihrer Heimat zurückgekehrt.
Direkter iranischer Einfluss?
Man kann annehmen, dass der iranische Geheimdienstchef, Omar Soleimani, der sich im Irak mit Ausbildung und Einsatz der schiitischen Milizen gegen IS befasst, al-Badr sehr nahe steht. Viele der ohnehin misstrauischen irakischen Sunniten werden argwöhnen, dass das Innenministerium ihres Landes mit einem al-Badr-Minister praktisch in iranische Hände übergangen sei. Dem neuen Innenminister wird obliegen, diese Bedenken rasch zu zerstreuen, wenn das Ziel einer ausgewogenen Regierung, durch die sich alle Iraker vertreten fühlen, erreicht werden soll.
Sechs Kurden in der Regierung
Die neue Regierung wird auch sechs Kurden umfassen. Das wichtigste Ministerium, das ein Kurde erhielt, ist das Finanzministerium. Es wurde Hoshyar Zubari zugesprochen, der unter al-Maleki Aussenminister gewesen war. Ursprünglich hatte al-Abadi nur drei Kurden zu Ministern ernannt. Die verdoppelte Zahl dürfte einen Versuch darstellen, den separatistischen Tendenzen der irakischen Kurden entgegenzuwirken.
Im Kampf gegen den Islamischen Staat erhalten die kurdischen Peschmerga-Kämpfer immer mehr Waffen aus dem Ausland. Bagdad muss damit rechnen, dass die Unabhängigkeitsbestrebungen der Kurden weiter wachsen.