Da sind weitere Geheimnisse, Perversionen, Vorgeschichten. Die Spannung verstellt etwas den Blick auf die körperlichen und psychischen Tiefen, die Pedro Almodóvars Werk allgemein auszeichnet.
Der Film (basierend auf einem Roman von Thierry Jonquet) spielt mit dem Motiv der Haut – die ja nicht nur Grenze, Oberfläche, Schutz und Beschränkung, Ort von Sensibilität, Missbrauch, Begegnung und Trennung bedeutet. Oft steht die „Haut“ sogar für den ganzen Menschen, wie das in Ausdrücken wie „eine ehrliche Haut“, „aus der Haut fahren“ oder „die eigene Haut retten“ zum Ausdruck kommt. „Haut“ kann „Identität“ bedeuten. Und sie steht auch Modell für andere Oberflächen und Hüllen, man denke an die Gebäudehaut oder die Milchhaut.
Eingriff in die Identität
Entsprechend spielt Almodóvar mit allem, was zum Assoziationskreis der Haut gehören kann. Eine Schönheitsklinik als Ort echter Maskenbildung und Versteck, ärztliches Handeln und der weisse Mantel als Maske, Gummihandschuhe und Wundverband als zweite Häute, Kleider in ihrer Doppelfunktion des Zeigens und Verhüllens, Spiegel als Oberfläche und Ort der Offenbarung, Kunsthaut und Haut in der Kunst. Mit der Operation an der Haut als Eingriff in die Identität dekliniert der 1949 geborene Spanier in seinem achtzehnten Film nochmals - und diesmal in Form eines regelrechten Thrillers - ein zentrales Motiv seines Werks durch, spannend, überraschend, gekonnt wie immer, vielleicht etwas weniger berührend.
Dass die Haut auch Organ der Schmerzwahrnehmung ist, bleibt im Hintergrund. Aber auch dies integriert der Filmemacher ziemlich genial in der „Haut, die ich bewohne“: Der Einwegspiegel, durch welchen der Hautarzt sein Werk kontrolliert und mit seinen Blicken zu berühren pflegt, ist auch der Einwegspiegel, durch welchen Almodóvar sein Publikum einen Blick auf sein Spiegelkabinett von Kälte und Sinnlichkeit, Schein und Erscheinung, Perversion und Bindung, werfen lässt.