Die Professoreen Berti und Giorelli zitierten Philosophen und Theologen zum Thema ‚die Freiheit des Menschen‘, hatten aber wenig Wissenschaftliches beizusteuern. Denn inwieweit die Biologie da entscheide oder das Milieu, in das man hineingeboren wird, ist noch nicht schlüssig erforscht.
Die Seele - nur für die Religionen?
Die Psychologin Gabriella Pravettoni war vorgängig zum Entscheid gelangt, dass die Menschen nicht nach rein rationalen Kritierien zu Entscheidungen gelangten. Pravettoni: "Der Mensch wählt meist die Entscheidung, die ihm am Besten gefällt." Was die Seele anging hatte auch sie keine schlüssige Antwort. Die wird wohl fürs erste das alleinige Gebiet der Religionen und der Philosophen bleiben, was der Vertreter der katholischen Kirche mit Befriedigung notierte.
Wissenschaftlich Erprobtes hatte der Schlafforscher Allan Hobson aus Harvard beizutragen. Er beschrieb und dokumentierte nicht nur , was während der verschiedenen Schlafphasen im Gehirn passiert, sondern berichtete auch, dass Blinde in ihren Träumen sehen, Taube hören und Gelähmte gehen können. Dies auch wenn sie die Gebrechen seit ihrer Geburt haben, diese Erfahrungen konkret folglich gar nie selbst machen konnten.
Stimmungsschwankungen und sprachliche Kreativität
Einen anderen interessanten Aspekt brachte Kay Redfield Jamison von der John Hopkins University (USA) ins Gespraech. Sie zeigte die Korrelation zwischen starken Stimmungsschwankungen, wie sie bei Manisch Depressiven auftauchen, und sprachlicher Kreativität. Unter Schriftstellern wie Dichtern gibt es offenbar eine überproportional grosse Zahl von manisch Kranken. Diese werden in der Hochphase vor dem depressiven Absturz intensiv kreativ. Sie arbeiten also immer zyklisch zwischen den Schüben.
Allerdings endeten viele durch Selbstmord, von Edgar Allan Poe bis Hemingway, wobei Suizide schon in ihren Familien verbreitet waren. Heute gibt es mit Lithium eine Kur, die die Gemütsschwankungen abflacht ohne die Schaffenskraft zu beeinträchtigen. Ob allerdings die Kreativitaet bei dieser Kur die Gleiche bleibt, ist noch nicht wirklich bewiesen.
Die Forschungen von Frans de Waal
Mit der Sprache beschäftigte sich auch Andrea Moro, Professor fuer Linguistik in Pavia. Er zeigte auf Graphiken in welchen Gehirnregionen die Sprache aktiviert werden und verglich diese mit denen von Tieren. Diese sollen der Sprache ja nicht mächtig sein. Die Sprache wird als die grosse Kulturleistung angesehen, die die Menschen von den Tieren abhebt.
Faszinierend waren dazu die Ausführungen von Frans de Waal, der das emotionale und empatische Verhalten von Primaten so erfolgreich erforscht, dass er vom "Time Magazine" zu den 100 wichtigsten Menschen gezählt wird. Seine Ergebnisse widersprechen der altrömischen ‚These‘ Homo Homini Lupus‘ (der Mensch ist des Menschen Wolf) zumindest insofern, als er die Canilen innerhalb ihrer Gruppe zu den kooperativsten Wesen überhaupt zählt.
Anlagen zur Empathie bei allen Primaten
De Waal ist aber der Überzeugung, dass die Anlage zur Empatie sicher bei den Primaten, wenn nicht sogar bei allen Säugern, von Geburt an vorhanden ist. Gefilmte Versuche scheinen dies zu belegen: Im ersten ist ein Goruilla-Junges dabei, sich die Schnur an der es angebunden ist, so um den Hals zu wickeln, dass es dabei zu ersticken droht. Jeder Befreiungsversuch verschlimmert die Situation. Seine Schreie bringen den Hauptgorilla im Galopp herbei, der es erst einmal aufhebt und so den Druck der Schnur auf den Hals verringert, um es dann seelenruhig und sehr geschickt ganz von der Schnur zu befreien.
Das zweite Video ist noch erstaunlicher : Zwei Rhesusäffchen sitzen im zweigeteilten Gitterkäfig. Die Forscherin möchte, dass sie ihr Steine herausreichen, für die sie dann Belohnungen bekommen. Das linke Äffchen reicht den Stein, bekommt ein Stück Gurke und isst es. Das rechte Aeffchen reicht den Stein, bekommt eine Traube und isst sie. Das ägert das linke Aeffchen über alle Massen, denn eine Traube ist eine viel grössere Belohnung, weil süss. Eine Vorliebe , die offenbar alle Primaten teilen.
Das empörte Äffachen
Es schreit empört, streckt den Arm aus dem Gitter, und haut mit der Faust wütend auf den Tisch. Dann reicht es einen zweiten Stein und - bekommt ein Stück Gurke. Dieses kommt postwendend zurueck, mit aller Kraft geschleudert, paff, ins Auge der Forscherin. Diese nimmt den zweiten Stein des rechten Äffchens und belohnt mit einer Traube.
Nun geraet das Linke ausser Rand und Band, hÜpft auf und nieder, schreit und rüttelt an den Gitterstäben. Dann kommt ihm offenbar ein Gedanke: Der Stein war nicht gut. Denn es nimmt einen Stein und schlÄgt ihn probeweise an eine Kaefigwand. Er scheint in Ordnung und wird erwartungsvoll hinausgereicht. Und belohnt mit einer Gurke. Der anschliessende empörte Tumult ist bemerkenswert. Das Àffchen schlÄgt im engen Kaefig wÜtende Purzelbäume.
Das zweite Äffchen betrachtet es ängstlich, wie es auch die wachsende Enttaeuschung seines Artgenossen mit besorgter Miene verfolgt hat. Es reicht zwar brav seinen Stein aus dem Gitter, weigert sich aber die Traube anzunehmen.
Bemerkenswert sind hier zwei Dinge: Einmal die Solidarität und Empatien des zweiten Äffchens, das die geliebte Traube nicht essen will, wenn sein Artgenosse keine bekommt. Sowie die Tatsache, dass sich die Wut des ersten Äffchens immer gegen die Forscherin wendet, nie gegen seinen privilegierter behandelten Artgenossen. Vielleicht ist diese direkte Art der Empatie beim "hochentwickelten" Menschen etwas verschüttet worden.
Eine hochinteressante Zeit
Die Tagung endete mit einer positiven Note: Schlafforscher Hobson mahnte ob der Katastrophen- und Krisenmeldungen nicht zu vergessen, dass wir, wissenschaftlich zumindest, in einer aufregenden Zeit leben. Hobson: ‚Wir stehen an der Schwelle der faszinierendsten Zeitalters überhaupt. das uns zeigen wird wer wir sind. Das könnte allerdings noch 500 Jahre dauern. Doch was ist das schon in der Weltgeschichte?‘