Die Nachricht von seinem Tod war ein Schock für jüngere Menschen, die sich an die Emotionen und Ereignisse ihrer frühen Jugend erinnerten, mit denen Elvis irgendwie untrennbar verbunden war. Seit sie der Kindheit entwachsen waren und zu denken gelernt hatten, gab es Elvis. Auch wenn sie nie kreischende Fans gewesen waren, auch wenn sie nach wie vor doch noch lieber in der Tonhalle klassische Konzerte besuchten, so war doch Elvis Presley ein selbstverständlicher Teil ihres Lebens gewesen.
„Einzigartig und unersetzlich“
Die Trauer vor 40 Jahren war gross. Jimmy Carter befand sich im ersten Jahr seiner Präsidentschaft der USA. Wie Elvis war auch Carter ein Südstaatler und liebte Country-Musik. Sein Kommentar einen Tag nach der Todesnachricht klang schon beinahe pathetisch, kam aber wohl aus dem Herzen: „Elvis Presleys Tod nimmt unserem Land ein Stück seiner selbst. Er war einzigartig und unersetzlich.“ Vor mehr als 20 Jahren sei er in die Szene geplatzt mit einer Wucht, die es bis dahin noch nie gegeben hatte und die es wohl auch nicht mehr geben werde, sagte Carter. Elvis Presleys Musik und seine Persönlichkeit, die Zusammenführung von weissem Country und schwarzem Rhythm and Blues, hätten für immer das Antlitz der amerikanischen Kultur verändert. Für Menschen auf der ganzen Welt war er „ein Symbol für die Vitalität, die Aufsässigkeit und die gute Laune seines Landes“.
Im Internet gibt es nach der Eingabe des Namens Elvis Presley mehr als 26 Millionen Fundstellen; er verkaufte in den kurzen 23 Jahren seiner Karriere annähernd eine Milliarde Tonträger. Seine Sammlung an goldenen und Platin-Auszeichnungen war riesig, er ist Teil verschiedener Halls of Fame, denn seine Bandbreite war gewaltig, sie reichte von Rock’n’Roll über Country und Blues bis Gospel. Seine zwei Dutzend Spielfilme sollte man lieber vergessen, aber sie erhöhten noch seine enorme Popularität auf der Bühne, am Fernsehen und wie am Anfang am Radio.
Elvis Presley schrieb oder komponierte nie ein Lied selber, aber erst er, seine Stimme und die überwältigende Präsenz seiner Persönlichkeit gaben den Liedern Format. Das anerkannten auch seine Songschreiber neidlos. Und er spielte recht gut Gitarre; die erste hatte er von seinen mit irdischen Gütern nicht gerade gesegneten Eltern erhalten, nachdem er als Zehnjähriger in einem Talentwettbewerb am Radio brilliert hatte. Die Eltern waren arm, aber sie liebten ihren einzigen Sohn, und die Gitarre war ein kostbares Gehenk.
„The Pelvis“
In Amerika erntete Elvis Presley mit seiner samten, beinahe drei Oktaven umfassenden Stimme stürmische Erfolge, durch die Sinnlichkeit seiner Auftritte dagegen fast ebenso stürmischen Aufruhr. Mitte der 1950er Jahre war sein Hüftschwung sehr eindeutig und trug ihm den Namen „Elvis the Pelvis“ ein (pelvis = Becken, Unterleib). Er liess sich nicht beirren, und die Jugend war begeistert.
Auch in der Schweiz stiess Elvis mit seiner Frisur, den Koteletten, seiner Kleidung, dem Becken-Kreisen und auch seiner Musik beim doch noch recht prüden Teil der Bevölkerung auf Ablehnung. Ja, er galt sogar geradezu als Gefahr für die Jugendlichen. Die wilden Tanzbiegungen des Rock’n’Roll erschreckten Eltern, Geistliche und Lehrer. Aber sie rissen junge Leute zur Ekstase hin. Die Rhythmen von „Hound Dog“ oder „Blue Suede Shoes“ rockten die Sinne; die betörenden Liebeslieder wie „Love me Tender“ rührten an erwachende Gefühle vieler junger Menschen. Trotz anderen hervorragenden Musikern und Sängern gehörte Elvis mit seiner ursprünglichen Vitalität, seinem ungeheuren Charme und dem Hauch von Revolte fortan zum eigenen Leben, auch wenn dieses ganz anderen Entwürfen folgte. Er war einfach da. Wenn am Radio einer seiner Songs ertönte, glitt ein Lächeln über die Gesichter und viele älter Gewordene sangen mit – bis heute.
Zu viele Medikamente
Natürlich war es allgemein aufgefallen, wie sehr sich der hübsche Junge aus Memphis, Tennessee, veränderte: aufgebläht von zu viel Fast Food, ruiniert von zu vielen Medikamenten. Er schluckte, so sagten es später Augenzeugen, Aufputschmittel, und wenn sie zu stark wirkten, warf er Beruhigungspillen hinterher. Freundliche Ärzte tippten lediglich auf Herzversagen, und das stimmte ja auch vordergründig, nachdem er am 16. August 1977 im Alter von erst 42 Jahren in seinem Anwesen „Graceland“ in Memphis tot aufgefunden worden war. Aber ein toxikologisches Gutachten zeigte, dass sein Körper den Medikamenten-Konsum nicht länger verkraftet hatte.
Elvis Presley wurde zunächst neben seiner geliebten, längst verstorbenen Mutter beerdigt. Als verzweifelte Fans versuchten, den Leichnam auszugraben und zu stehlen, erhielten seine Ex-Frau Priscilla und seine Tochter Lisa Marie die Genehmigung, Elvis und seine Mutter im Garten seines Anwesens zu bestatten.
„Elvis lebt!“
Elvis Presley ist ein Phänomen geblieben. Zahlreich sind die Fans, die unerschütterlich davon überzeugt sind, dass er noch lebt und die ihn immer wieder irgendwo zu sehen glauben. „Graceland“ ist noch immer eine Touristenattraktion. Seine Musik ist weiterhin erfolgreich. Und rund um die Welt denken nun wohl viele älter gewordene Menschen daran, dass vor 40 Jahren mit Elvis ein scheinbar unendlicher Teil ihrer Jugend zu Ende ging.