Frauen mit Burka oder präziser im Nikab gibt es vielleicht 30 in der Schweiz, und meistens sind es Schweizerinnen, die zum Islam konvertiert sind und ihn in extremer Strenge leben wollen. Um den Frauen zu verbieten, den Kopf so zu verhüllen, dass nur die Augen sichtbar sind, ist die Volksinitiative für das Burkaverbot lanciert worden, über die wir am 7. März abstimmen werden. Unsere schöne Bundesverfassung soll mit drei Absätzen entstellt werden, die kaum angewendet werden können – aus Mangel an „fehlbaren“ Frauen, abgesehen von Touristinnen aus dem Nahen Osten.
Um Frauen zu befreien, braucht es einen andern Weg
Ich möchte nicht falsch verstanden werden, es passt mir gar nicht, Frauen mit Vollverschleierung zu begegnen, doch ich habe bloss Touristinnen in dieser Tracht gesehen. Mit einer Ausnahme: Bei den Verhandlungen vor dem Bundesstrafgericht in Bellinzona gegen leitende Exponenten des Schweizerischen Zentralrats der Muslime waren demonstrativ einige Frauen im Nikab als Unterstützerinnen der Angeklagten erschienen. Wenn es den Befürwortern der Volksinitiative darum geht, die Frauen von der Vollverschleierung und dem Diktat ihrer Männer zu befreien, sollten sie mit den Eheleuten ins Gespräch kommen, um sie zu überzeugen versuchen, den Nikab mit einem Kopftuch zu ersetzen.
Im Kanton Tessin haben sich die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger im Jahr 2013 für das Burkaverbot ausgesprochen, und auch im Kanton St.Gallen gilt ein ähnliches Gesetz. Andere Kantone haben sich in einer Vernehmlassung gegen ein Verbot ausgesprochen. Anerkennen wir doch die verschiedenen Standpunkte: ein Verbot auf schweizerischer Ebene ist nicht erforderlich. Wir haben wichtigere Probleme, für die wir eine Lösung suchen sollten: Gewalt gegen Frauen, auch von Schweizer Bürgern, die wachsende Armut in unserem reichen Land, verschärft durch die Pandemie, unsere Jugend auf den sich rasch wandelnden Arbeitsmarkt besser vorbereiten – um nur einige zu nennen.
Kein Mittel gegen Attentate und Hassprediger
Wie viele Schweizerinnen und Schweizer bin auch ich empört über die Gewalt und den Hass der fundamentalistischen Islamisten, welche Attentate ausführen, wehrlose Menschen töten, Christen verfolgen und ermorden, mehrheitlich jedoch muslimische Glaubensbrüder umbringen. Fundamentalistische Sunniten töten andere Sunniten, weil sie nicht eifrige Muslime sind; überdies bringen sich Sunniten und Schiiten gegenseitig um – und das angeblich im Namen ihres Glaubens. Diese Schlächter und Missetäter wissen in den meisten Fällen kaum Bescheid über den Islam. Dies bestätigen mir meine afghanischen Freunde. Nach den Geboten ihrer Religion darf man keine Menschen töten. Diese jungen Männer haben sich geweigert, den wiederholten Aufforderungen der Taliban zu folgen, sie wollten keine Attentate verüben, weshalb sie bei Nacht und Nebel fliehen und ihre Heimat verlassen mussten.
Sie schätzen es, hier ohne ständige Angst leben zu können
Wenn wir in der Schweiz am 7. März die Vollverschleierung verbieten, lösen wir damit kein Problem. Das Verbot ist auch kein Mittel, um den extremen Islam und Hassprediger zu bekämpfen oder potentiellen Gewalttätern auf die Spur zu kommen. Fast alle Muslime und Musliminnen in der Schweiz halten sich an unsere Gesetze. Ein Ja zur Volksinitiative würde von vielen hingegen als Feindseligkeit gegenüber ihrer Religion verstanden. Wäre es nicht nützlicher, die Integration zu verbessern, indem man ihnen bewusst macht, dass unsere Demokratie und der Föderalismus das friedliche Zusammenleben verschiedener Kulturen und Religionen ermöglicht. Die meisten Muslime kommen zur Arbeit, zum Studium oder als Flüchtlinge aus Ländern, die keine Rechtsstaaten sind, in die Schweiz. Sie schätzen es, an einem Ort in Frieden leben und arbeiten zu können ohne die ständige Angst vor der Willkür der Behörden.