Wenn man in der Zeitung liest, dass der Stadtrat von Helsinki nach sechsstündiger Debatte den Bau eines Guggenheim-Museums endgültig abgelehnt hat, so wirft das Fragen auf.
Hat hier ein linkslastiges Gremium ein Projekt abgeschmettert, weil die Stiftung in New York kapitalistisch sein könnte? Oder ist das Misstrauen gegenüber ausländischen Spendern nur ein Vorwand, um selber kein Geld für Kultur ausgeben zu müssen? Das Projekt für 130 Millionen Euro hätte nämlich auch die Stadtkasse mit 80 Millionen belastet.
Alle Fraktionen waren gespalten
Beginnen wir mit der berühmten Solomon R. Guggenheim Stiftung in New York, die mit grosszügigen Beiträgen kulturelle Angebote auch in abgelegenen und eher vernachlässigten Gegenden dieser Erde ermöglichen will. Das Geld wird von der Stiftung nicht aus dem Helikopter abgeworfen, sondern vergeben nach dem auch in der Schweiz bewährten Prinzip der Hilfe für jemanden, der selber auch etwas tut.
Die linkslastige Stadtverwaltung von Helsinki monierte tatsächlich, dass das Geld der Guggenheim-Stiftung kapitalistisch sei und somit aus schmutziger Quelle stamme. Mein Informant in Helsinki korrigierte allerdings auch meine Vermutung, dass es sich bei der Verhinderung einer amerikanischen Niederlassung um einen perfiden kommunistischen Trick gehandelt habe. Seine im Stadtrat vertretene Tochter habe zwar für das Guggenheim-Museum gestimmt. Die langwierige Diskussion sei aber nicht nach dem Links-Rechts-Schema verlaufen, sondern habe mit Ausnahme der Kommunisten alle Fraktionen gespalten.
Kein finnischer Architekt
In der von diesem Informanten geschilderten Debatte engagierten sich die an Kultur interessierten Mitglieder des Stadtrates energisch für ein Guggenheim-Museum und erwähnten, wie eine solche Niederlassung die etwas im Abseits liegende spanische Stadt Bilbao aufgewertet habe. Die Gegner meinten, dass das Unternehmen den finnischen Steuerzahler nicht belasten dürfe. Kritisiert wurde von den auf die berühmten eigenen Namen stolzen Finnen auch, dass der Architekt des Projektes ein Ausländer sei.
Ein wichtiges Argument war auch, dass das Museum zwar erwünscht sei. Der finnische Beitrag und der Unterhalt erfordere aber so hohe Ressourcen, dass alle anderen kulturellen Projekte der Stadt erdrückt würden. Entgegen meiner Annahme wurde im Land am Polarkreis auch die Empörung über den Ausgang der amerikanischen Präsidentschaftskampagne mit der Wahl von Donald Trump, der Ärger über den Brexit-Entscheid in England und über die in Deutschland entstandene AfD-Bewegung (Alternative für Deutschland) in die Diskussion einbezogen.
Museum für die Schweiz?
Nimmt man alle diese Motive zusammen, so ist der mit 53 Nein gegen 32 Ja gefasste Entscheid des Stadtrates von Helsinki letztlich einfach eine Absage an das Ausland, dessen Politik und Einflüsse hier im hohen Norden nichts zu suchen habe. Die berühmte Stiftung aus New York wurde ein Opfer der Empörung über Trump und all den weiteren unangenehmen Meldungen aus dem moralisch verkommenen Süden.
Die Linke blockiert eine Niederlassung des Guggenheim-Museums, weil diese Institution zu einem kapitalistischen Unternehmen gehöre. Das Unternehmen hätte der mit kulturellen Niederlassungen nicht gerade verwöhnten finnischen Hauptstadt zwar eine neue Attraktion verschafft. Aber die Stadtverwaltung hätte 80 Millionen Euro zu dem 130-Millionen-Projekt beisteuern sollen. Wer den ganzen Sack von Kritik auspackt, von den Not leidenden Mitbürgern bis zur nationalen Selbstbehauptung und der linken Ideologie, der kann sich fragen, ob die Guggenheim-Stiftung ihr Museum nicht besser bei uns aufstellen könnte.