Mindestens 57 professionelle Medienschaffende, 9 Bürgerjournalisten und 8 weitere Medienmitarbeiter kamen 2016 ums Leben. Die meisten von ihnen wurden gezielt getötet. Dies hält der eben veröffentlichte Jahresbericht von „Reporter ohne Grenzen“ (ROG) fest.
Journal21.ch publiziert hier eine Kurzfassung dieses Jahresberichts.
21 der Getöteten kamen ums Leben, als sie in einer Kriegszone im Einsatz waren, wurden also nicht gezielt angegriffen. In 53 Fällen aber wurden die Medienschaffenden ganz gezielt und mit Absicht getötet.
Flucht führt zu „schwarzen Löchern“ der Information
Mit 74 Opfern weist die ROG-Bilanz für 2016 weniger getötete Medienschaffende aus als diejenige für 2015 mit 101 Opfern. Doch der Rückgang ist nur bedingt erfreulich, ist er doch weitgehend darauf zurückzuführen, dass viele Journalistinnen und Journalisten aus Ländern geflohen sind, die für sie zu gefährlich wurden – Syrien etwa, Irak, Libyen, Jemen, Afghanistan und Burundi. Diese Flucht und Abwanderung von Medienschaffenden führt zu eigentlichen „schwarzen Löchern“ im Bereich Information.
Mexiko: Selbstzensur oder Tod
Der Rückgang ist auch eine Folge des Terrors von „Feinden der Pressefreiheit“, die willkürlich Medien schliessen und Journalisten mundtot machen. Trotz ihres Mutes sind viele Medienschaffende dazu gezwungen, Selbstzensur zu üben – andernfalls drohen ihnen Gewalt und Tod. So etwa in Mexiko; es ist das für Medienschaffende tödlichste Land ausserhalb der Kriegsgebiete. 2016 wurden dort 9 Journalistinnen und Journalisten getötet.*
Fast drei Viertel der 2016 getöteten Medienschaffenden wurden ihrer Arbeit wegen gezielt umgebracht. 7 der 10 Opfer in Afghanistan starben etwa im Januar bei einem Selbstmordanschlag der Taliban auf einen Kleinbus des privaten Fernsehsenders Tolo. Gezielte Gewalt gegen Medienschaffende gab es auch im Jemen.
Täter kommen ohne Strafe davon
Häufig geniessen die Täter Straflosigkeit für ihre Taten. ROG verurteilt dies ebenso wie die komplizenhafte Haltung von Regierungen in solchen Fällen, denn auch sie sind nur zu oft bereit, die Pressefreiheit mit Füssen zu treten.
„Gewalt gegen Medienschaffende wird mehr und mehr gezielt und bewusst eingesetzt“, sagt Christophe Deloire, Generalsekretär von ROG International: “Journalisten werden angegriffen und getötet, weil sie Journalisten sind. Diese alarmierende Situation belegt das offensichtliche Scheitern der internationalen Initiativen zum Schutz von Medienschaffenden. Sie bedeutet das Todesurteil für unabhängige Berichterstattung in jenen Gebieten, in denen alle möglichen Mittel eingesetzt werden, um Zensur und Propaganda durchzusetzen, insbesondere durch extremistische Gruppierungen im Nahen Osten. Damit das internationale Recht durchgesetzt werden kann, muss die Uno einen konkreten Mechanismus zur Umsetzung der entsprechenden Beschlüsse schaffen. Unter dem künftigen Uno-Generalsekretär,
Antonio Guterres, ist es dringend notwendig, einen Sonderbeauftragten für den Schutz von Journalisten zu ernennen.“
Tödlichstes Land: Syrien
Syrien steht mit 19 getöteten Medienschaffenden in der ROG-Bilanz von 2016 an der Spitze der gefährlichsten Länder für Journalismus, gefolgt von Afghanistan (10), Mexiko (9), dem Irak (7) und Jemen (5).
Zwei Drittel der getöteten Medienschaffenden starben in einem
Kriegs- oder Konfliktgebiet. Dabei handelte es sich fast ausnahmslos um Journalisten, die im betreffenden Land leben – denn internationale und ausländische Nachrichtenorganisationen zögern mehr und mehr, ihre Reporter in diese gefährlichen Gebiete zu schicken.
*) In der Zeit zwischen 1. Januar und 10. Dezember 2016
„Reporter ohne Grenzen“: Jahresbilanz der Pressefreiheit, Teil 1
„Reporter ohne Grenzen“: Jahresbilanz der Pressefreiheit, Teil 2