Jedes Jahr macht dieselbe Hunde-Geschichte vom grossen Hunde-Fressen und vom grausamen Hunde-Schlachten in Yulin weltweit Schlagzeilen (vgl. journal21.ch vom 26. Juni 2016: Dogburger im Jadewald). Westliche Medien veröffentlichen dazu Auflage- und Klick-steigernd krasse Hundeschlacht-Fotos, und die Tierschützer schreien auf.
Auch in Europa nicht unbekannt
Doch obwohl schon vor rund zweieinhalb Jahrtausend der grosse Philosoph Mengzi Hundefleisch angelegentlich empfohlen hatte, war nicht China, sondern Korea Ursprung der kulinarischen Hundegeschichte. Sicher, noch heute gilt in wenigen Regionen Chinas sowie dazu in Vietnam und Korea Hundefleisch als Delikatesse.
Das aber sind Ausnahmen. Die Europäer freilich sollten sich nichts einbilden, denn seit der Steinzeit ist Hundefleisch-Verzehr auch in Europa bekannt. In der Schweiz ist es im Übrigen noch nicht allzu lange her, als z. B. im Appenzell oder in Graubünden des «Menschen bester Freund» mit Gusto verzehrt worden war.
Meimeis problemlose Registrierung
Zu Maos Zeiten waren Hunde und Katzen als Haustiere aus den Grossstädten verbannt. Aus hygienischen Gründen. Erst zu Beginn der 1990er-Jahre begannen die ersten Städte zögerlich, das Halten von Haustieren wieder zu erlauben. Dazu nötig war eine nicht eben billige Bewilligung sowie eine Impfung gegen Tollwut.
Wie so oft, ging die Hauptstadt Peking mit dem guten Beispiel voran. Genau geregelt wurde je nach Stadtbezirk Grösse und Rassen der Hunde. Innerhalb der Dritten Ringstrasse beispielsweise waren nur kleinere Hunde zugelassen. Zum Glück für Ihren Korrespondenten, der so seine Dackel-Hündin Meimei problemlos auf dem nächsten Polizeiposten registrieren lassen konnte.
Emotionale Wärme
Zu Beginn des Jahrtausends wurden in Peking bei einer Bevölkerung von rund 12 Millionen etwa 100’000 Hunde gehalten. Heute sind es bei 22 Millionen Einwohnern 1,5 Millionen registrierte Hunde. Schätzungen gehen gar von zwei bis drei Millionen Vierbeinern aus.
Vor allem ältere Leute und der wachsende Mittelstand sind begeisterte Haustierhalter geworden. Für die einen vermitteln Hunde und Katzen in den unwirtlichen Grossstädten emotionale Wärme, für die andern sind sie ähnlich wie Autos und Auslandreisen zum Statussymbol geworden. Vom Bernhardiner über den Schäferhund bis hin zum Pekinesen- oder Tibeter-Schosshund gibt es alles.
Tollwut-Risiko
Auf die explosive Vermehrung von Hunden und auch Katzen haben jetzt die Behörden in ganz China mit neuen Restriktionen reagiert mit dem Ziel, Sicherheit und Hygiene zu verbessern. In der südöstlichen Millionenstadt Hangzhou sind beispielsweise ab September nur noch 34 Rassen mit einer maximalen Schulterhöhe von 45 Zentimetern und einer maximalen Länge von 60 Zentimetern zugelassen. In der Hafenstadt Qingdao wiederum sind seit anfangs Juli nur noch ein Haustier pro Haushalt sowie 40 Rassen erlaubt.
In Hefei (Provinz Anhui) zermartern sich die Beamten indes die Köpfe, wie sie die Hundehalter zur Registrierung animieren könnten, ist doch das seit über zehn Jahren gratis. Die Südprovinz Guangdong (Kanton) meldet ihrerseits bei einer Bevölkerung von 100 Millionen Menschen sage und schreibe 150 Millionen registrierte Haustiere.
Überall werden Hunde- und Katzenhalter aufgerufen, ihre Haustiere zu registrieren. Denn damit ist auch eine Tollwut-Impfung verbunden. Denn wie Reklamationen landauf landab zeigen, beissen Hunde nicht selten zu. Tollwut hat im vergangenen Jahr je nach Statistik zwischen 590 und 2000 Todesopfer gefordert.
Lukrative Geschäfte
Wie viele Hunde es in ganz China gibt, ist statistisch nicht erfasst. Dass sich die Haustierhalter beim Wohl ihrer Lieblinge nicht lumpen lassen, das weist hingegen die Statistik aus. Im vergangenen Jahr wurden für Hundehaltung, Hundeernährung, Hundeerziehung, Hundegesundheit sowie für Katzenfutter 122 Milliarden Yuan oder umgerechnet rund 17 Milliarden Schweizer Franken ausgegeben. Oekonomen schätzen, dass sich bis ins Jahr 2020 diese Ausgaben jedes Jahr um happige zwanzig Prozent erhöhen werden.
Nur das Beste ist gut genug
Wie Ihr Korrespondent beim Gassi-Gehen mit seiner Dackeldame Meimei immer wieder von seinen chinesischen Mit-Gassi-Gehern hört, ist nur das Allerbeste gut genug. Von der Ernährung über das Winter-Mänteli bis zu den Gummischuhen für die vom Regen arg geforderten Pfötchen und das Rosa-Mäschchen für die niedliche weisse Promenadenmischung. Frau Chen hat ihrem Pekinesen gar ein Pullöverchen gestrickt. Aus Kaschmir-Wolle, notabene.
Der Hunde-Boom mit allen zuweilen grotesken Nebenerscheinungen jedenfalls hat auch durchaus positive Auswirkungen: Der Tierschutzgedanke hat in China in den letzten Jahren merkbar an Akzeptanz gewonnen. Dank den Hunden geht es jetzt auch andern Tieren endlich etwas besser.