Der Titel des neuen Aussenministers heisst genauer: Minister für Aussenwirtschaft und Auswärtiges. Nach den letzten Parlamentswahlen vor einem halben Jahr wurde das Amt so umbenannt. Was auch eine nicht unwichtige Veränderung in der Konzeption beinhaltet: Das allererste Ziel der Diplomatie soll die Vertretung und Wahrnehmung ungarischer Wirtschaftsinteressen sein - was immer das bedeutet.
"Öffnung nach Osten"
Der neue Minister heisst Péter Szijjártó. In diesem Monat wird er 36 Jahre alt, ein Mann, für den Politik schon immer sein Hauptberuf war. Ér hat keinen Tag in der Realwirtschaft oder in der Verwaltung gearbeitet, seit seinem 21. Lebensjahr ist er Parteisoldat in der Fidesz, dessen Abgeordneter er zuerst in der Regionalversammlung war und nun schon 12 Jahre lang im Landesparlament.
Szijjártó ist einer von derjenigen, die Viktor Orbán ganz nahe stehen. Nach den Wahlen in 2010, als der Orbán wieder zum Ministerpräsidenten gekürt worden ist, hat er Szijjártó zu seinem persönlichen Sprecher befördert. Seitdem weisst man: Aus Szijjártó spricht eigentlich Orbán mit einer andern Zunge. In den letzten Jahren hat sich Szijjártó als treuer Vollstrecker Orbáns in der sogennanten "Öffnung nach Osten" profiliert. Seine neugewonnenen Freunde befinden sich in Asien und im Mittleren Osten. Es gibt nur einen kleinern Schönheitsfehler: Sie alle sind Vertreter von autoritären, nicht demokratisch geführten Regimes.
Unbequemes zur Finanzierung einer Villa
Seit der Ablegung seines Amtseides lässt die nicht regierungstreue ungarische Presse Szijjártó nicht in Ruhe: Wie kam er vor ein paar Wochen in den Besitz einer Luxusvilla mit 700 Quadratmetern? Und warum hat er sie nicht in seiner Steuererklärung angegeben? Der frischgebackene Minister behauptet, dass er sie mit der Hilfe seiner wohlhabenden Eltern bekommen hat. Kein Zweifel, sein Vater ist ein erfolgreicher Unternehmer. Aber leider haben sich auch über ihm unlängst dunklere Wölkchen zusammengezogen. Szijjártó der Ältere ist im Eisenbahnbau tätig, und das Kartellamt hat aufgedeckt, dass im Jahr 2004 unter konkurrierenden Firmen eine Preisabsprache stattgefunden hat. Dementsprechend wurden gegen diese Firmen Bussgelder verhängt. Mit einer Ausnahme: Szijjártó soll damals mit der Behörde "zusammengearbeitet" haben, um den Schwindel zu enttarnen.