Nichts gegen die Ewigkeit in der Dichtung, in Kunst und Musik, in Religion, in Philosophie und in romantischen Liebesbeschwörungen. In diesen geistigen Sparten wurde und wird vielschichtig mit den Begriffen „Ewigkeit“ und „ewig“ hantiert und sinniert.
Wie heisst es doch tiefsinnig und rätselhaft im Zitat des Philosophen auf dem Nietzsche-Stein in Sils-Maria: „Doch alle Lust will Ewigkeit, will tiefe, tiefe Ewigkeit.“ „Ewigi Liebe“ wiederum lautet der augenzwinkernd-romantische Titel des laut „Blick“ „ grössten Schweizer Musicals aller Zeiten“.
Doch in der praktischen Politik, die vernünftige Lösungen anstreben soll, haben Ewigkeitsbeschwörungen nichts zu suchen. Ich erinnere mich an eine Episode Ende der 1970er Jahre in Moskau. Der damalige DDR-Staatsratsvorsitzende und SED-Generalsekretär Erich Honecker weilte zu einem offiziellen Besuch beim damaligen sowjetischen Staatspräsidenten und Parteichef Leonid Breschnew. Im Laufe dieser Haupt- und Staatsaktion wurde von den beiden Politikern mit viel Pomp ein sogenannter Freundschaftsvertrag unterzeichnet, in dem es wörtliche hiess, dieser Vertrag besiegle die „ewige Freundschaft“ zwischen der Sowjetunion und der DDR.
Weniger als 15 Jahre später hatten sowohl die damalige Sowjetunion als auch die damalige DDR aufgehört zu existieren. So viel zur Verlässlichkeit von Ewigkeitsbeschwörungen in der Politik.
Den israelischen Regierungschef Netanyahu scheinen höhere Einsichten in die Fragwürdigkeit und Vergänglichkeit solcher Rhetorik im politischen Geschäft nicht zu plagen. Ende Mai erklärte er in einer Knesset-Sitzung aus Anlass des 50. Jahrestages des Sechstagekrieges, der Tempelberg (den die israelische Armee damals zusammen mit dem Ostteil Jerusalems erobert hatte) und ganz Jerusalem werde „auf ewig unter israelischer Souveränität bleiben“.
Wie lange diese Ewigkeit dauern wird, kann niemand sagen. Aber klug ist es für einen Politiker nie, der Öffentlichkeit irgendwelche Ewigkeitsversprechungen vorzugaukeln. In der Menschheitsgeschichte findet man jedenfalls kein Beispiel von irgendeiner Souveränitätsgrenze, die über Jahrtausende hinweg Bestand gehabt hätte.
Oder um es kürzer mit Friedrich Schillers Mahnung aus dem „Lied von der Glocke“ zu sagen: „Doch mit des Geschickes Mächten ist kein ew'ger Bund zu flechten.“