«Somos Marega» - übersetzt «Wir sind Marega» - titelte die portugiesische Sport-Tageszeitung «A Bola» am Montag. «Marega 5-0 Racismo» prangte auf der Titelseite des Konkurrenzblatts «Record». Ein Vorfall, der sich am Vortag beim Erstliga-Fussballspiel zwischen Vitória Guimarães und dem FC Porto ereignet hatte, bewegt nicht nur die Welt des Fussballs. Er hat auch Spitzenpolitiker auf den Plan gerufen und wieder einmal die Frage aufgeworfen, wie rassistisch oder tolerant Portugal eigentlich ist.
Der FC Porto gewann das Auswärtsspiel mit 2:1 und rangiert in der Tabelle nur noch einen Punkt hinter dem Tabellenführer Benfica Lissabon, der am Vortag sein Heimspiel gegen Braga unerwartet mit 0:1 verloren hatte. Viel höhere Wellen als die erneuerte Spannung im Kampf um den Meistertitel schlägt aber der Vorfall in Guimarães. Als Zentralfigur des Spiels – und das in gleich doppelter Hinsicht - erwies sich Moussa Malega, ein 28 Jahre alter malischer schwarzer Stürmer des FC Porto.
Töne von Affen
Er schoss in der 60. Spielminute das für den Sieg entscheidende Tor zum 2:1 und zeigte auf einen seiner Arme. Offenbar reagierte er auf rassistische Gesänge von Fans der heimischen Mannschaft, die laut Medienberichten auch Töne von Affen nachahmten. Sogar ein Teil eines Sitzes flog auf das Spielfeld. Marega bekam für seine Geste die gelbe Karte gezeigt, spielte aber zunächst weiter. Elf Minuten später aber verlor er angesichts der rassistischen Geräuschkulisse die Geduld und schickte sich an, den Platz zu verlassen. Von Spielern beider Teams, die auf ihn einredeten und ihn zu halten versuchten, liess er sich nicht umstimmen. FCP- Trainer Sérgio Conceição blieb keine Wahl, als ihn auszuwechseln.
Der Schiedsrichter liess das Spiel normal weiter gehen. Kurz nach Abpfiff meldete sich Marega über soziale Netzwerke zu Wort. Er erboste sich über die «Idioten» auf den Rängen, die er mit dem portugiesischen Äquivalent des englischen «fuck off» bedachte. Und er kritisierte den Schiedsrichter, der ihn nicht verteidigt habe; Marega wünschte sich, diesem nie mehr auf einem Spielfeld zu begegnen.
«Beschämend für den Fussball»
Der Spielort Guimarães gilt als «Wiege der Nation», hatte dort im 12. Jahrhundert doch König Afonso Henriques die unabhängige Monarchie Portugal ausgerufen. Es ist die Nation, die sich eigentlich für tolerant hält, die Menschen aus ihren früheren afrikanischen Kolonien nach einem verbreiteten Verständnis als Mitglieder einer Familie sieht und die sogar die sanfteren Kolonialherren hervorgebracht haben will. Ausgerechnet in dem Land, das den aus Moçambique gekommenen «schwarzen Panther» Eusébio (1942-2014) als Nationalhelden verehrt, hat der Vorfall in Guimarães die Nation erschüttert.
Immerhin steht wenigstens der grösste Teil dieser Nation hinter dem Spieler. Auch mehrere hohe Politiker verurteilten den Vorfall, allen voran Staatspräsident Marcelo Rebelo de Sousa. Er erinnerte daran, dass die portugiesische Verfassung den Rassismus und andere Formen der Fremdenfeindlichkeit sehr klar verurteile. Zuvor hatte die Leitung der nationalen Fussball-Liga den Vorfall als beschämend für den Fussball bezeichnet und von einen Angriff auf die Menschenwürde gesprochen.
Bekundungen des Rassismus sind per Gesetz auch strafbar. Laut Medienberichten von Montag ist die Polizei nun darum bemüht, die für die Ausfälle am Sonntag verantwortlichen Fans anhand von Bildern der Überwachungskameras zu identifizieren.