Auch in der Schweiz sind die Telecom-Anbieter daran, drahtlose Verbindung der fünften Generation – kurz 5G – zu erstellen. Doch der Widerstand ist gross. Einsprachen gegen 5G-Basisstationen mehren sich mit der Begründung, zuerst müssten die gesundheitlichen Auswirkungen der 5G-Strahlen abgeklärt werden.
Wie wir ja alle als tägliche Handynutzer wohl wissen, sind die Strahlungen der vorgängigen G sehr, sehr gefährlich. Die erste Generation der drahtlosen Telefonie – also 1G – ermöglichte um 1990 so etwas Einfaches, wie mit dem Handy zu gehen und zu telefonieren. Die Jüngeren können sich das vermutlich gar nicht mehr vorstellen. Bereits in den 1990er-Jahren kam dann 2G mit der Möglichkeit, SMS zu verschicken. In den 2000er-Jahren ermöglichte 3G den Zugang zum Internet auf dem Handy. Ab 2011 konnte dann auf dem mobilen Telefon sogar gestreamt werden. Und jetzt also 2019 die gegenüber 4G zehn- bis hundert Mal schnellere 5G-Verbindung.
Schlüsseltechnologie
5G ist nach Ansicht aller IT-Experten und Ökonomen die Schlüsseltechnologie des kommenden Jahrzehnts. Erst 5G wird etwa das Internet der Dinge, Virtuelle Realität, kluge Städte, Telemedizin oder smarte Landwirtschaft ermöglichen und der künstlichen maschinellen Intelligenz ihr volles Gewicht verleihen. Die Amerikaner, die gleich hinter den Chinesen diese zukunftsweisende Technologie entwickeln, fürchten um ihre technologische Vormachtstellung und Innovationskraft. Washington wirft deshalb – zu Unrecht – Peking vor, dass China die Zukunft des Internets bestimmen will.
Im 13. Fünfjahresplan hat China bereits vor Jahren 5G als strategische Industrie einer neuen Wachstumsära definiert. Sowohl für die chinesische Führung als auch für chinesische Unternehmer ist klar, dass die 5G-Technologie künftig sowohl das Rückgrat der Internets als auch der digitalen Weltwirtschaft sein wird. Der Netzaufbau hat deshalb nationale Priorität. Bürokratische Hürden wurden beseitigt und Kosten gesenkt. Am 31. Oktober haben die drei grossen staatlichen Anbieter China Mobile, China Telecom und China Unicom in über fünfzig Grossstädten die superschnelle Cellular-Technologie eingeführt. Bis Ende 2019 sollen rund 80’000 Basisstationen in Betrieb sein.
Bereits haben die Telecom-Anbieter auch schon zehn Millionen 5G-Abonnemente verkauft. Ein Monats-Abo mit 30 GB Daten zum Beispiel kostet 128 Yuan oder umgerechnet 18 Franken. Bis Ende 2020 sollen es nach chinesischen Telecom-Schätzungen 120 Millionen 5G-Nutzer und Ende 2021 465 Millionen sein. In die 5G-Infrastruktur werden bis Ende 2024 umgerechnet 400 Milliarden Dollar investiert. Das chinesische 5G-Netz wird zu etwas mehr als der Hälfte vom chinesischen Privatunternehmen Huawei gebaut. Zudem ist die chinesische Firma ZTE involviert und – für die USA besonders interessant – sind auch die schwedische Firma Ericsson sowie das finnische Unternehmen Nokia beteiligt.
Schwarze Liste
Die Amerikaner, die bereits zusammen mit Südkorea vor Monaten in die 5G-Technologie eingestiegen sind, wenngleich auf einem sehr viel kleineren Niveau, befürchten, dass China mit der fünften Generation der drahtlosen Infrastruktur die Welt dominieren will. Deshalb setzte Washington Huawei und andere chinesische Hightech-Firmen auf eine schwarze Liste; der Kauf amerikanischer Technologie ist diesen chinesischen Firmen mithin verboten.
Das wiederum wird die chinesischen Firmen in ihrer Weiterentwicklung zwar etwas bremsen. A la longue freilich verlieren die USA einen entscheidenden Vorteil, weil Huawei und andere chinesische IT-Firmen bereits mit Hochdruck an eigenen Technologien und Betriebssystemen forschen, um von den Amerikanern künftig unabhängig zu sein. Deal-Maker Trump wird das Nachsehen haben und staunen.
Die Amerikaner versuchen derzeit mit unterschiedlichem Erfolg, andere Nationen in ihr geopolitisches Kalkül miteinzubeziehen. Wer beispielshalber mit Huawei seine 5G-Infrastruktur aufbaue, warnt Amerika, gehe ein hohes Sicherheitsrisiko ein; Zensur, Überwachung, Spionage drohe. Washington ist bislang freilich jeden Beweis schuldig geblieben. Länder wie Australien, Neuseeland oder Japan haben dem Druck jedoch nachgegeben. Indien, der weltweit zweitgrösste Markt in der drahtlosen Telephonie mit über 500 Millionen Nutzern, ist noch unentschieden.
Die USA wollen Indien unbedingt Finnlands Nokia und Schwedens Ericsson schmackhaft machen. In Indien ist Huawei bereits seit den 1990er-Jahren tätig. Auch die mächtigen Unternehmen Tencent und Alibaba sind in Indien erfolgreich. Die meisten Handys in Indien stammen aus China, da billig und zuverlässig. Dazu kommt, dass Indiens Telekoms Airtel und Vodafone bislang eine Huawei-Infrastruktur nutzen. Doch Indiens Führung unter Premier Modi wird sich wohl aus geopolitischen Gründen, ähnlich wie Chinas Nachbar Vietnam, gegen Huawei aussprechen. Das, obwohl Huawei für Asien – und Afrika – wegen der Spitzentechnologie zu bezahlbaren Preisen äusserst attraktiv ist.
Blockchain
China ist strategisch seit Jahren in der Forschung an Spitzentechnologien tätig. Seit 2014 bereits wird zum Thema digitale Währungen geforscht. Staats- und Parteichef Xi Jinping hat eben an einer wichtigen Parteiversammlung zu mehr Blockchain-Forschung und zu mehr Blockchain-Investitionen aufgerufen. Die amtliche Nachrichten-Agentur Xinhua (Neues China) zitiert Xi mit folgenden Worten: „Blockchain wird eine wichtige Rolle in der nächsten Runde der technologischen Innovation und industriellen Transformation spielen.“ Xi Jinping hat auch eine „tiefe Integration zwischen Blockchain und anderen Informations-Technologien wie Künstliche Intelligenz, Big Data und das Internet der Dinge“ angemahnt. Worte die man sich bei den Präsidenten Trump oder Maurer doch wohl kaum vorstellen kann.
Li Wei, Chef der Technologie-Abteilung der Chinesischen Volksbank (Zentralbank), meinte gar, China sollte die „digitalen Finanzen mit Begeisterung annehmen“. Das jedoch unter strenger staatlicher Kontrolle. Deshalb wertet die Volksbank zwar Initiativen wie die Libra von Facebook durchaus positiv, ermahnt aber alle Zentralbanken, die Libra unter strenger Kontrolle zu halten.
Wettbewerb der Technologie-Riesen
Parteichef Xi ist sich des Wettbewerbs mit dem Technologie-Riesen USA durchaus bewusst. „Grosse Länder“, so Xi, „verstärken ihre Bemühungen, die Entwicklung der Blockchain-Technologie zu planen. Grössere Bemühungen sollten unternommen werden, um die Grundlagenforschung zu verstärken und die Innovationsfähigkeit zu verbessern mit dem Ziel, China zu helfen, Wettbewerbsvorteile in theoretischer, innovativer und industrieller Hinsicht in diesem sich schnell entwickelnden Bereich zu erlangen.“
Im Wettbewerb des schnell wachsenden kreativen Technologie-Giganten China und den noch immer innovativen USA fallen Europa und besonders die Schweiz immer mehr zurück. In einem Interview mit der „Handelszeitung“ formuliert es der Amerikaner David Wallerstein, der für den chinesischen Technologie-Unternehmen Tencent (WeChat) in führender Position arbeitet, so: „China beherrscht die Kunst des Ausführens. Wenn ein Problem analysiert ist, dann wird es angegangen. Das kann man von Europa nicht wirklich behaupten.“