Mit modernen Geräten, darunter Satelliten, werden in jüngster Zeit bisher unbekannte riesige unterirdische Süsswasserreserven aufgespürt.
Dieser Tage ging eine Nachricht um die Welt, wonach im Norden Namibias ein unterirdischer See von 70 Kilometer Länge und 40 Kilometer Breite entdeckt wurde. Die schätzungsweise fünf Millionen Kubikmeter „absolut sauberen“ Wassers befinden sich in 280 bis 350 Meter Tiefe.
Das kostbare Nass habe sich in dieser Zone vor 10'000 Jahren angesammelt, vermuten die Wissenschaftler. Projektleiter Martin Quinger von der deutschen Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) meint, dass dieses Reservoir „die dicht besiedelte nördliche Region Namibias am derzeitigen Verbrauch gemessen mindestens 400 Jahre lang mit Süsswasser versorgen könnte“.
Das namibische Landwirtschaftsministerium dämpft allerdings die hohen Erwartungen. „Die Tests sind nicht völlig abgeschlossen und das geschätzte Wasservolumen ist noch nicht wissenschaftlich bewiesen“, erklärte der für Wasser und Wälder zuständige Vizeminister Abraham Nehemia.
Grundwasserreserven auch in Libyen, Tschad, Sudan, Algerien, Ägypten
Die ehemalige deutsche Kolonie Südwestafrika ist eines der wasserärmsten Länder südlich der Sahara. Der Norden Namibias ist von Wasser aus dem Calueque-Stausee in Angola abhängig. Es wird über den Kana-Fluss und Rohrleitungen nach Namibia geleitet, was nicht sehr wirtschaftlich ist. „Bei dieser Art der Wasserführung verzeichnet man einen Verlust bis zu 80 Prozent durch Verdunstung, Versickerung und illegale Entnahme“, stellt Quinger fest.
Auch das von seinem Team entdeckte Wasserreservoir stammt aus den Bergen in Zentral-Angola und erneuert sich dort laufend. Es ist daher anzunehmen, dass Angola im Falle einer Erschliessung dieses Schatzes Besitzansprüche stellen würde, zumal sich der unterirdische See offenbar zum Teil auf angolanisches Territorium erstreckt.
Im April gaben Forscher des „British Geological Survey“ die Vermessung bedeutender Grundwasserreserven im Tschad, in Libyen, Algerien, Ägypten und im Sudan bekannt. Das Volumen dieser Vorkommen sei hundertmal so gross als jenes der Flüsse und Seen auf der Oberfläche Afrikas. Die Wissenschaftler verweisen aber auf die hohen Kosten für ihre Erschliessung und Ausbeutung. In Nigeria zum Beispiel wurden zahlreiche Bohrungen wegen der hohen Treibstoffkosten eingestellt.
Grundwassermanagement
Roger Calow vom britischen Übersee-Entwicklungsinstitut stellte fest, dass quer durch Afrika ein Drittel der handbetriebenen Wasserpumpen infolge mangelnder Wartung kaputt sind.
Jetzt strebt die UNO ein internationales Grundwassermanagement an, das die Vergeudung der lebenswichtigen Ressourcen beenden soll. Kürzlich fand in Nairobi eine von der Welternährungsorganisation (FAO) und der UNO-Organisation für Erziehung, Wissenschaft und Kultur (Unesco) einberufene Wissenschaftlerkonferenz statt, deren rund 60 Teilnehmer die aktuellen Forschungserkenntnisse austauschten. Es war eine von fünf Regionalkonferenzen, die eine weltumspannende Diagnose erstellen sollen.
Kriege ums Wasser?
Nach Angaben von Experten hängen derzeit mehr als zwei Milliarden Menschen völlig von Brunnenwasser ab. Fast die Hälfte der Menschheit bezieht ihr Trinkwasser aus dem Boden. Die Nutzung der unterirdischen Wasserreserven hat sich in den abgelaufenen 50 Jahren verdreifacht, was die Entwicklung der ländlichen Gebiete und die Agrarproduktion förderte.
Viele Grundwasserbestände erneuern sich aber nicht und werden daher über kurz oder lang erschöpft sein. Das Management dieser Ressourcen wird durch den Umstand erschwert, dass sie sich über Staatsgrenzen hinweg erstrecken. Allein in Afrika sind mehr als 40 grenzüberschreitende Grundwasserreserven bekannt. Das macht eine internationale Zusammenarbeit bei ihrer Nutzung unumgänglich – die Alternative dazu wären die prophezeiten Kriege ums Wasser.
Nach den Schätzungen der Demographen wird die Weltbevölkerung in 40 Jahren auf neun Milliarden Menschen anwachsen. In drei Jahrzehnten muss daher die Nahrungsmittelproduktion verdoppelt werden. Ein gutes Management der Süsswasserreserven ist nach den Worten der Leiterin des hydrologischen Programms der Unesco, Alice Aureli, „notwendig, um das Überleben des Planeten zu gewährleisten“.