Die Wahlen in Ägypten und in Tunesien haben deutlich gemacht, was sich in anderen arabischen und islamischen Ländern, deren Wahlen mehr oder weniger gelenkt durchgeführt werden, ahnen, aber nicht genau messen lässt. Nämlich die Tatsache, dass die islamischen Gesellschaften tiefer gespalten sind, als die westlichen Beobachter sich dies bisher hatten vorstellen können.
Ägypten
Sehr deutliche Zeichen dieser Gespaltenheit sind gegenwärtig täglich in Ägypten und in Tunesien zu erkennen. Auf dem Tahrir Platz in Kairo haben sich kürzlich feministische Aktivistinnen öffentlich und vor den Fernsehkameras selbst die Haare geschoren, um ihre Ablehnung der neuen, mehrheitlich angenommenen, Verfassung des Landes zu unterstreichen. Einige trugen Schilder, die besagten: "Die Krone der Frau sind nicht ihre Haare, sondern ihre Freiheit!".
Tunesien
In Tunesien hat gerade die islamistisch orientierte Verfassungsversammlung, die auch als Parlament wirkt, das Staatsbudget bewilligt, aber jenes der Präsidentschaft abgelehnt, weil sich Differenzen zwischen dem säkular ausgerichteten Staatspräsidenten und der von der islamischen Nahda-Partei dominierten Regierung ergeben hatten, die nun auch im Finanzbereich ausgetragen werden.
Syrien der Zukunft
In Syrien, wo nicht gewählt, sondern gekämpft wird, zeichnet sich heute schon ab, dass das geprüfte Land, wenn einmal - in den kommenden Monaten oder Jahren - Asad entfernt sein wird, die Auseinandersetzung unweigerlich kommen muss: Soll das künftige Syrien "islamisch" werden oder "säkular"? Man kann auch schon voraussehen, dass die "islamische" Front besser bewaffnet sein und über mehr todesmutig entschlossene Kämpfer verfügen wird, als die "säkulare".
Auch Jemen umkämpft
In Jemen hat die Regierung im Verband der Qaida operierende gewaltwillige Islamisten mit Hilfe amerikanischer Berater und Drohnen und saudischer Hilfsgelder soeben in die Wüste zurückgedrängt. Doch sie drohen sich dort festzusetzen, führen von dort aus Anschläge in den Städten durch. Und sie könnten zum Schluss, wenn das Land fremder Truppen, Gelder und ausländischer Machtausübung müde wird und die Aussenmächte auch müde werden, erneut tief in die bewohnten Regionen vordringen.
Afghanistan und Pakistan
In Afghanistan, um über die arabische hinaus auf die gesamte islamische Welt zu blicken, ist dieser gleiche Prozess trotz, und zum Teil auch wegen, der Gegenwart grosser Nato-Truppen schon weit fortgeschritten.
Im benachbarten Pakistan wagt die Regierung nicht, den militanten islamischen Kräften entschlossen entgegenzutreten. Die Armee, die als mächtiger gilt als die gewählte Regierung, nimmt eine doppeldeutige Stellung ein. Sie beabsichtigt, einerseits die islamistischen und islamischen Kräfte für ihre strategischen Anliegen auszunützen, und versucht sie andrerseits zu kontrollieren, was ihr jedoch weniger und weniger zu gelingen scheint.
Innerhalb dieses Machtgefüges schreitet die Radikalisierung der pakistanischen Gesellschaft im Sinne eines engen, fundamentalistisch verstandenen und in vielen Fällen gewaltbereiten Islams stetig voran.
Nigeria als afrikanisches Beispiel
In Nigeria machen sich mörderische Kampfgruppen breit, die sich wie "Boko Haram" (das bedeutet "Kultur ist verboten") selbst als islamische Gruppen einstufen. Sie werden von der Polizei und Armee gejagt; doch sie scheinen nicht besiegt zu werden.
In vergleichbare Zusammenhänge gehören das Ringen in Somalia, Zusammenstösse in Indonesien, das Auftreten "islamischer" Kampfgruppen in kurdischen Gebieten, wo bisher der kurdische Nationalismus praktisch alleine vertreten war.
Verschärfung durch den Kampf von Sunniten gegen Schiiten
In jenen Ländern, in denen es schiitische Mehr- oder Minderheiten gibt (Pakistan, Iran, Bahrain, Saudi Arabien, Jemen, dem Irak, Syrien, Libanon) wird die Ausbreitung radikaler Tendenzen dadurch gefördert, dass ein Kalter Krieg zwischen Schiiten und Sunniten ausgerufen wurde, in erster Linie von Saudi Arabien mit Bezug auf Iran, aber unter Einbeziehung aller anderen schiitischen und mit dem Schiismus verwandten Minoritäten.
Dieser Kalte Krieg verhärtet und brutalisiert die Fronten auf beiden Seiten, was bedeutet, dass die fundamentalistischen Tendenzen auf Kosten eines mehr human und pluralistisch orientierten Islams verstärkt werden.
Bisher unterbewerteter Islamismus
Solange es keinerlei vertrauenswürdige Massstäbe gab, an denen die Ausbreitung islamistischer Tendenzen in islamischen Staaten gemessen werden konnte, lag die Annahme nahe, dass es sich bei den Gruppen von Muslimen, die einen muslimischen Staat anstrebten, um Minderheiten handle, die wegen ihrer Gewaltbereitschaft und intensiven Propaganda mehr Beachtung erhielten, als durch ihr Gewicht gerechtfertigt war. Doch die Wahlsiege in echten Wahlen, in Ägypten nun schon zum dritten Mal, in Tunesien bisher einmal mit einem neuen Wahlkampf der bald fällig wird, zwingen dazu, solche Vermutungen zu revidieren und mindestens teilweise in Frage zu stellen.
Spaltung in zwei Hälften
Gewiss, die Erklärung trifft zu, dass die Islamisten in Ägypten und in Tunesien besser organisiert waren als alle anderen stark zersplitterten Parteien. Doch sie genügt schwerlich. Nach den Wahlen hat sich recht deutlich abgezeichnet, dass diese beiden Länder ziemlich gleichmässig gespalten sind in etwa gleichgrosse Hälften, deren eine einen "islamischen Staat" anstrebt (wobei es viele Varianten dessen gibt, was als ein solcher gesehen wird), während die andere einen nicht religiös gebundenen, säkularen Staat vorzieht (was nicht unbedingt heissen will, dass die Befürworter dieser Ausrichtung, nicht auch gute und gläubige Muslime sein können).
Die eine Hälfte einer Bevölkerung kann schwerlich als eine Minderheit eingestuft werden. Sie wurde dies jedoch, bis es zu glaubwürdigen Wahlen kam, weil es sich um die in unserer modernen Welt und im Gefüge der Globalisierung viel weniger sichtbare Bevölkerungshälfte gehandelt hatte.
Unter dem Druck der Verwestlichung
Alle islamischen Gesellschaften stehen in einem Modernisierungsprozess, der zugleich einen Globalisierungsumbau und eine Angleichung an westliche Lebensformen und Normen bedeutet. Die Globalisierung, so wie sie heute vor sich geht, geht auf westliche Errungenschaften, Normen und Methoden zurück. Sie überlagern sich jenen anderer Kulturkreise, unter ihnen dem der Muslime. Im Nahen Osten begann dieser Prozess zwei Jahrhunderte, bevor von Globalisierung die Rede war. Man sprach im 19. Jahrhundert von "Reformen", im 20. von "Verwestlichung" und später von "Amerikanisierung" und meinte damit das gleiche Phänomen, nur dass es sich im 19. Jahrhundert auf die Macht und die Errungenschaften der damaligen "Mächte" bezog; im 20. auf jene der europäisch-amerikanischen, "weissen" Welt.
Ungleichmässige Auswirkungen
Diese Überlagerung vollzog sich primär in den städtischen Teilen der islamischen Welt. Denn dort sassen jene Gruppen und Schichten von Einheimischen, die in Kontakt mit den fremden Mächten und ihren Lebensformen gerieten und die als die führenden Schichten zuerst die Notwendigkeit erkannten, von den Fremden "zu lernen", um ihrer immer zudringlicheren Übermacht widerstehen zu können. Lernen bedeutete in diesem Zusammenhang, übernehmen, oft auch imitieren.
Die gleichen städtischen Ober- und später auch Mittelschichten waren die, welche in den Augen der Fremden "ihr Volk" vertraten, weil sie mit den Aussenmächten in vielfältigen Kontakten standen, zunehmend in Zahl und Intensität mit den Jahrzehnten.
Übersehene ländliche Massen
Die Landbevölkerung war etwas anderes. Sie war in den Augen der Fremden und auch in der Schätzung all jener, die sich mehr und mehr den Fremden anglichen, "zurückgeblieben". Machtmässig zählte sie ohnehin nicht, denn sie war gewöhnt und oftmals gezwungen, als Klientel den Weisungen und Ausrichtungen ihrer Oberschichten zu folgen.
Sogar in den Augen der eigenen Mittel- und Oberschichten, die sich teils überzeugt, teils notgedrungen der "Verwestlichung" hingaben, zählten die ländlichen Unterschichten wenig. Sie überfluteten zwar im Verlauf des gewaltigen demographischen Wachstums, das seinerseits durch die Einführung "westlicher Errungenschaften" mitbedingt war (Seuchenbekämpfung, Abnahme der Kindersterblichkeit, "modernes" Gesundheitswesen) die Städte, wo sie ein dicht zusammengedrängtes Unterproletariat bildeten. Doch auch dort erwiesen sie sich während langer Jahrzehnte als lenkbar. Wobei ebenfalls aus dem Westen eingeführte Ideologien, in erster Linie der Nationalismus, als Lenkinstrumente eine zunehmende Rolle spielten.
Frühere Passivität und Lenkbarkeit
Solange sie sich als fügsam erwiesen, fanden diese Unterschichten weniger Beachtung und Aufmerksamkeit als ihre Lenker und Drahtzieher. Diese fanden Beachtung innerhalb der eigenen Gesellschaft und ausserhalb in den Augen der Beobachter von aussen. Was innerhalb der passiv scheinenden Unterschichten vorging, schien weniger wichtig, mehr episodisch, als wirklich den Gang der Dinge beeinflussend. Der "Fortschritt" ging ja in Richtung "Verwestlichung, Amerikanisierung, Globalisierung", und dies galt als das wesentliche.
Ein neues Islamverständnis
Heute wird sichtbar, was in diesen Schichten und Kreisen geschah, war die Entwicklung einer Variante des Islams, die man als "nostalgisch" bezeichnen kann. Wichtige Beweggründe dabei waren Identitätsverluste und Identitätssuche. Eine Identitätskrise war entstanden durch die geschilderte Zweiteilung der islamischen Gesellschaften in "verwestlichte" Oberschichten und "zurückgebliebene" Unterschichten, deren früher bestehender kultureller Zusammenhang immer zerbrechlicher wurde.
Die Leute vom Lande und in den Armutsquartieren der Grossstädte fanden Vordenker aus den Zwischenschichten, Personen die nicht ganz zu den Verwestlichten und auch nicht völlig zu den "Zurückgeblieben" zählten. Diese fanden zuerst für sich selbst den Weg zu einem festen Halt in einem Islam, der seine alten Ideale in der heutigen Zeit verwirklichen, ja durchsetzen sollte, und sie wurden dann Ausbreiter und Prediger ihres Islamverständnisses, genauer ihrer Islamverständnisse in vielen Nuancen, die alle auf Streben nach der wahren islamischen Gesellschaft in einem echten islamischen Staat hinausliefen.
Die Muslimbrüder als erster Keim
Die Muslimbruderschaft stand am Anfang dieser Suche. Sie bildete drei Generationen lang eine in mehreren Unterdrückungsperioden niedergehaltene Opposition gegenüber den herrschenden Strömungen der "Verwestlichung", und sie brachte in dieser langen Zeit viele Ableger und Sprossen hervor, die sich meistens durch grössere Radikalität als die Mutterpartei auszeichneten. Hamas gehört zu ihnen, so gut wie die afghanischen Taleban.
Alle Abkömmlinge der Bruderschaft und die Bruderschaft selbst zeichnen sich aus durch eine straffe Organisation, welche die Mitglieder in hierarchische Ordnungen einschliesst. Sie fanden eine Ergänzung in der von einzelnen Predigern getragenen sogenannten "salafistischen" Strömung, die von Saudi Arabien gefördert wird und die ebenfalls einen islamischen Staat auf der Grundlage der Scharia anstrebt. Die wahhabitischen Islamautoritäten des Königreiches sehen in Saudi Arabien eine weitgehend vorbildliche Verwirklichung dieser Zielvorstellungen.
Unterbewertet
All dies konnte lange Zeit von den "Aufgeklärten" verwestlichten Kreisen als eine Art islamischer Folklore, Volksislam, verharmlost und weitgehend übersehen werden. Die vermutete "Rückständigkeit" dieser Schichten und ihrer Denkweise diente dazu, sie als Überbleibsel und Überreste einer vergangenen Zeit zu unterschätzen. Dabei übersah man die Tiefe ihrer Verwurzelung und das Ausmass ihrer Ausbreitung in einer Bevölkerung, die mehr und mehr nicht nur physischer Verarmung sondern auch geistiger Nahrungslosigkeit ausgesetzt war, weil die ihnen übergelagerten, immer mehr verwestlichten Führungsschichten der eigenen Bevölkerung sich zunehmend ganz anderen, den unteren Schichten fremden und wenig zugänglichen geistigen Horizonten zuwandten.
Auskunft der Urnen
Dies war die Genese der heute die Länder zweiteilenden Spaltung, die erst wirklich in ihrem vollen Ausmass zu Tage trat, als abgestimmt wurde. Worüber? Letztlich und immer wieder in beständigen neuen Varianten darüber, wer in Zukunft die Ausrichtung der islamischen Staaten bestimmen werde, die Befürworter eines "islamischen Staates", der als ein Staatswesen verstanden wurde, das sich auf die Scharia abstützen sollte, oder die Anhänger eines "säkularen" Staates, der auf möglichst weitgehender Trennung von Staat und Islam und der Beschränkung der Scharia auf den privaten Bereich zu beruhen hätte.
Vorbilder für den säkularen Staat findet man in Europa und in Nordamerika. Leitbilder für den islamischen liefern für die salafistischen Bewunderer des wahhabitischen Königreiches Saudi Arabien. Für die Brüder und ihre Abkömmlinge mehr radikaler oder mehr pragmatischer Färbung sind dort die Quellen zu finden, welche gesamthaft die Scharia ausmachen und von denen geglaubt wird, dass sie die Zeiten und Bräuche der Muslime spiegelten, wie sie zur Zeit des Propheten unter seiner Leitung gegolten hätten.
Heilssuche in Iran
Eigentlich ist es wenig erstaunlich, dass die weiten Unterschichten in der islamischen Welt, die sich von den führenden Oberschichten kulturell und materiell mehr und mehr im Stich gelassen sehen, ihr Heil, ihre identitäre Sicherheit, ihre Hoffnungen auf eine bessere Zukunft, im Bereich eines einfach verständlichen und, wie sie hoffen, direkt anwendbaren, altangestammten Islams suchen.
Bisher hat sich freilich erwiesen, dass dieses Heil nicht notwendigerweise erreicht wird, wenn die erhofften "islamischen" Staaten verwirklicht werden. Dies geschah zuerst unter der Führung Khomeinis im Rahmen eines schiitischen sich selbst als islamisch einstufenden Staatswesens, das nun schon mehr als 30 Jahre besteht, aber grosse Teile seiner Legitimität bei der eigenen Bevölkerung eingebüsst hat. Die Unruhen von 2009 über als gefälscht empfundene Wahlen haben dies am deutlichsten aufgezeigt.
Legitimitätseinbussen führen zu Machtabsicherung
Solche Legitimitätseinbussen zwingen regelmässig die herrschenden Schichten, auch die sich selbst als islamisch ausgebenden, ihre Sicherheitsorgane auszubauen und ihnen viel Macht zu erteilen, um sich selbst gegen ihre Bevölkerungen abzusichern. Die Ablenkung auf aussenpolitische Ziele und Bedrohungen durch angebliche oder echte Feinde, sogar der Bau von möglichen Atomwaffen, dienen dem gleichen Zweck.
Anachronistische Taleban
Die Herrschaft der Taleban in Afghanistan erwies sich sodann als ein sich selbst als "islamisch" einstufendes Regime, das seiner Bevölkerung Unheil brachte, indem es ein Regiment einführte und mit Gewalt aufrecht erhielt, das allen heutigen Vorstellungen von Recht und Unrecht widersprach. Dies sogar innerhalb der am Rande der Gegenwart lebenden afghanischen Stammes- und Landbevölkerung.
Es brauchte die bisher zehn Jahre lang andauernde Präsenz fremder Truppen im Lande, die eine als hochkorrupt anerkannte Regierung in Kabul abstützten, um diesen gleichen Taleban erneut in Teilen der Bevölkerung soviel Glaubwürdigkeit zu beschaffen, dass sie heute gute Aussichten haben, nach dem bevorstehenden Abzug der fremden Heere zum zweiten Mal an die Macht zu gelangen.
Zustimmende Bevölkerung in der Türkei
Doch dass im Namen des Islams wirkende Regime nicht notwendigerweise dermassen unzeitgemäss regieren müssen, dass ihre eigene Bevölkerung sie desavouiert, machte die Entwicklung in der Türkei deutlich. Dort konnten Erbakan und seine Partei gegen den wütenden Widerstand der säkularen Kräfte eine islamische Demokratie errichten, die in wiederholten Wahlgängen ihre Verwurzelung in der Bevölkerung bewies und zugleich das Land in eine Phase wirtschaftlichen Wachstums zu führen vermochte.
Bewährungsproben stehen auch dieser Demokratie, wie allen anderen, weiter bevor. Doch bisher kann man sie als einen Erfolg einstufen.
Hoffnungen in Tunesien und Ägypten
Einen vergleichbaren Erfolg streben auch die neu errichteten islamischen Demokratien in Tunesien und in Ägypten an, ohne dass es als gewiss gelten könnte, dass sie ihn erreichen werden. Die Schwierigkeiten, die sich vor ihnen auftürmen, sind gross. Sie bestehen nicht allein aus dem äusseren Widerstand und dem Misstrauen gegen sie, das ihnen aus den Kreisen der säkular ausgerichteten bisherigen Machthaber und der diese ursprünglich bekämpfenden, aber nun oft mit ihnen zusammenarbeitenden säkularen Revolutionäre entgegenschlägt. Sie sind auch durch die inneren Richtungskämpfe innerhalb der Befürworter eines islamischen Staates gegeben, die sich darum drehen, wie dieser Staat auszusehen habe und wer ihn lenken soll. Wobei die Scharia und ihre Rolle als Rechtsgrundlage des Staates die Achse bildet, um welche die Auseinandersetzungen sich konzentrieren.
Die türkische islamische Demokratie konnte solche Diskussionen bis heute vermeiden, indem sie sich entschloss, die bisher geltenden türkischen Gesetze der Atatürk-Zeit, weitgehend europäischer Prägung, nicht in Frage zu stellen.
Islam und die heutige Zeit
Gedeih und Verderb der islamischen Demokratien, welche ein Grossteil der islamischen Bevölkerungen anstrebt, wird davon abhängen, ob der islamische Geist, der diesen Demokratien innewohnen soll, so aufgefasst und angewandt werden kann, dass er mit der heutigen unvermeidlich globalisierten Welt und den ihr innewohnenden Vorstellungen vom guten Leben sowie von Recht und Unrecht in Einklang gebracht werden kann. Oder ob er die islamischen Völker in eine Absonderung führt, die recht bald ihre Machthaber einmal mehr dazu zwingen wird, ihre Herrschaft über das eigene Volk durch innere Gewalt und Machtmanöver abzustützen und solange es geht, aufrechtzuerhalten - bis es zu erneuten Umbrüchen kommt.