Die bayerische Polizei rechnet damit, dass an diesem Wochenende zehntausend Asylsuchende mit Sonderzügen in Bayern eintreffen werden. Die ersten Flüchtlinge sind schon am Samstagmorgen am Münchner Hauptbahnhof angekommen. Die Ankunft ist laut Behördenangaben "generalstabsmässig vorbereitet".
500 Freiwillige kümmern sich um die Ankommenden. Die Helfer verteilen Obst, Wasser - und Plüschbären für die völlig erschöpften Kinder. "Eine tolle Solidaritätskundgebung findet da statt", erklärt ein Augenzeuge. Eine Solidaritätswelle, die im Kontrast steht zu den wüsten, teils rassistischen Ausfällen in den sozialen Medien und Leserbriefen.
Als die Flüchtlingen mit den Zügen in München einfuhren, wurden sie von den Helfern und Passanten spontan mit Applaus bedacht. Mehrere Münchnerinnen und Münchner brachten Geschenke mit. Einige der Flüchtlinge halten Pakakte mit Fotos von Angela Merkel hoch. Ein Knabe hält einen Karton hoch: "Thank Germany". Vor dem Hauptbahnhof wird den Ankommenden zugejubelt.
Die Flüchtlinge werden am Starnberger Flügelbahnhof kurz medizinisch gescreent. Da viele völlig erschöpft sind, wartet man mit der Registrierung. "Rechtliche Fragen sind jetzt zunächst nicht so wichtig", erklärt Regierungspräsident Hillenbrand. Mit Bussen werden sie dann in die vorbereiteten Unterkunftszentren geführt.
Kuscheltiere für die Kinder
Die meisten Flüchtlinge sind am Freitag und in der Nacht zum Samstag an der österreichisch-ungarischen Grenze eingetroffen. Bis Samstagmittag sind laut österreichischen Polizeiangaben fast 7'000 Asylsuchende an der Grenze angekommen. Die österreichischen Behörden rechnen damit, dass an diesem Wochenende weitere 3'000 nach Österreich gelangen.
Hilfsorganisationen und viele freiwillige Helfer sind auch in Österreich auf die Ankunft vorbereitet. Dutzende Ärzte und Dolmetscher sind im Einsatz.
Zahlreiche österreichische Helfer versorgen die erschöpften Flüchtlinge mit trockenen Decken, Kuscheltieren, Brot, Suppe, Obst und Mineralwasser. Viele der Ankommenden hatten tagelang nicht mehr richtig gegessen. Mehrere hundert hatten bei strömendem Regen an der Autobahn zwischen Budapest und Wien im Freien übernachtet. Zuvor hatten sie tagelang am Budapester Bahnhof Kletil campiert.
"Refugees welcome"
Viele der Flüchtlinge brechen bei ihrer Ankunft in Österreich in Tränen aus. „Refugees welcome“ steht auf Transparenten, die Österreicherinnen und Österreicher hochhalten. Einige Migranten singen und halten den Fotografen und Kameraleuten stolz ihre völlig erschöpften kleinen Kinder entgegen. Die meisten dieser Menschen haben sich inzwischen mit Bussen und Zügen auf den Weg nach Deutschland gemacht.
Fast alle Flüchtlinge stammen aus den Kriegsgebieten in Syrien, aber auch aus dem Irak und Afghanistan. Unter den Geflüchteten befinden sich sehr viele junge Menschen und Familien mit kleinen Kindern.
Zu Fuss auf der Autobahn
Ungarn hat hundert Busse bereitgestellt, um die in Budapest gestrandeten Flüchtlinge an die österreichische Grenze zu transportieren.
Etwa 2000 Menschen hatten sich zu Fuss auf den Weg über die Autobahn Richtung Österreich gemacht. Zuvor herrschten in Budapest chaotische Zustände. Der rechtsgerichteten Regierung Orban gelang es nicht, die Situation zu beruhigen. Ungarische Sicherheitskräfte gingen teils mit Schlagstöcken gegen die Gestrandeten vor.
Österreich und Deutschland hatten am Samstag vereinbart, die Grenzen für die Flüchtlinge zu öffnen und wegen des Massenansturms auf langwierige Registrierungen zu verzichten.
In Luxemburg diskutieren am Samstag die EU-Aussenminister über eine neue Flüchtlingsstrategie.
Der ungarische Ministerpräsident Victor Orban warnte die Europäer davor, dass sie „eine Minderheit auf ihrem eigenen Kontinent“ werden könnten. Orban wehrt sich gegen die Aufnahme von Flüchtlingen. Zwischen Ungarn und Serbien liess Orban einen dreieinhalb Meter hohen Zaun bauen.
Auf dem Zürcher Helvetia-Platz haben über 2'000 Menschen ihre Solidarität mit den Flüchtlingen bekundet.
(J21/Agenturen/Augenzeugen)