„Für Geld entblössen wir uns", fotzelt ein Römer Journalist, "oder umgekehrt: Wir verhüllen uns".
Der Besuch des iranischen Präsidenten Hassan Rohani in Italien bringt dem gebeutelten Land viel Geld. Zwar traf Rohani auch den Papst, doch im Mittelpunkt stehen Wirtschaftsverhandlungen. Und die schenken ein.
Rom ist die erste Station von Rohanis Europa-Tour nach der Aufhebung der Sanktionen gegen die Islamische Republik. Nach Angaben aus Wirtschaftskreisen dürften die jetzt geschlossenen italienisch-iranischen Wirtschaftsabkommen einen Wert von 17 Milliarden Euro haben.
Verhüllte Skulpturen
Ministerpräsident Matteo Renzi freut sich und hat schon einen Besuch in Iran für die kommenden Monate angekündigt, um die Wirtschaftsbeziehungen weiter zu vertiefen. Und er tut alles, um den Iranern zu gefallen. Doch das kommt nicht nur gut an.
Im Kapitolinischen Museum im Zentrum Roms, das Rohani besuchte, verschwanden plötzlich einige nackte Skulpturen hinter Bretterverschlägen, andere wurden mit Tüchern verhüllt. Der Konservatorenpalast war von Michelangelo erbaut worden.
So verdeckte ein Brettgehäuse die antike kapitolinische Venus, eine Marmorstatue, die eine unbekleidete, idealschöne junge Frau darstellt. Sie wird jedes Jahr von Zehntausenden Touristen aus aller Welt bewundert.
Ohrfeige für Michelangelo
„Dieser Bückling vor dem Präsidenten eines Landes, das Israel ausradieren will und Hunderte Menschen hinrichtet, ist unannehmbar“, heisst es in Oppositionskreisen.
Schlimmer noch: „Renzi ist eine putana, er tut alles für Geld“. Regierungskreise kontern: „Er tut alles für Italien, damit es euch, den Italienern, besser geht“.
In den sozialen Medien hagelt es Kritik. Renzi verleumde die grosse italienische Kultur. Oder: Alles ist eine Ohrfeige für Michelangelo und alle unsere Künstler. Oder: Millionen Menschen kommen nach Rom, um diese Statuen zu bewundern; unser Jahrtausende altes Erbe wird mit Füssen getreten. Oder: Renzi geht vor dem Islam auf die Knie, und das in Rom.
Aber es gibt auch andere Stimmen: „Mir ist egal, wenn da einige Brüste vor einem frauenverachtenden und frustrierten Machthaber verhüllt werden, wenn es mir nachher besser geht“.
"Ein zuverlässiges Land"
Joint ventures wurden in der Stahlindustrie vereinbart, in der Schwerindustrie, der Landwirtschaft, der chemischen Industrie, der Autoindustrie, der Lebensmittelbranche, dem Modebusiness und in anderen Bereichen.
Und natürlich freut sich nicht nur Renzi, sondern auch die italienische Wirtschaft. Giorgio Squinzi, der Präsident des Industrieverbandes „Confindustria“ erklärt, für Italien sei Iran eine „wunderbare Gelegenheit“, Geschäfte abzuschliessen. „Iran ist ein zuverlässiges Land, mit dem wir unsere Beziehungen vertiefen müssen“.
Auf die Frage angesprochen, ob man mit einem Land, das die Menschenrechte radikal verletze, enge Beziehungen pflegen solle, sagte Squinzi nur: „Ich glaube, wenn wir die Beziehungen intensivieren, tun wir auch etwas für die Menschenrechte“.
Ein gewisser Emilio fasst es in einer Notiz an den Corriere della sera kurz zusammen: "Pecunia non olet."