Renato Trachsler führt im Zentrum von Zürich eine Zahnarztpraxis. Nun greift er – statt zum Bohrer – zum Bügeleisen.
Seine Frau Maya, früher Dentalhygienikerin, studierte zwei Jahre lang an der Modedesignschule Zürich und absolvierte dann ein Praktikum in einem „Gwandmeisteratelier“. Dort erhalten Schneiderinnen und Schneider eine zusätzliche Ausbildung und schneidern auch historische Kostüme, so zum Beispiel für das Opernhaus.
Frische Farbe in die Branche
Sie ist der Ansicht, dass auch medizinische Berufskleidung modisch attraktiv sein kann. Sie arbeitet für Zahnärzte und Ärzte. Auch für die Zürcher Klinik „Pyramide“ war sie tätig. „Ich will etwas frische Farbe in diese Branche bringen“, sagt sie gegenüber Journal21. Für ihre Arbeit wurde sie mit dem Förderpreis der Modedesignschule Zürich ausgezeichnet. Zu ihren Rennern gehören auch OP-Hauben für das medizinische Personal.
Wegen des allgegenwärtigen Masken-Notstandes sagte sie sich: „Da gehe ich ran.“ Und sie ging ran – und ausgerechnet mit ihrem Mann. Der hatte plötzlich Zeit. Jetzt arbeitet er zusammen mit seiner Frau an der Produktion exklusiver Schutzmasken.
Er bügelt die Stoffe, damit seine Frau die Lagen zusammennähen und die Nähte mit Zierstepp versehen kann. „Ich bin der Assistent“, sagt uns Renato Trachsler, „ich bügle und schneide zu. Das ist beides Neuland für mich, aber als Zahnarzt bin ich nicht ganz ungeschickt.“
Die Masken, die die beiden herstellen, „gehen weg wie warme Weggli“, sagt er. Als ehemalige Dentalhygienikerin kennt Maya Trachsler die Anforderungen an Schutzmasken. „Sie sind doppellagig und bedecken, wie gefordert, Nase, Mund und Kinn.“
Fast so gut wie Staubsaugersack
Die Masken sind schön und edel. Aber nützen sie überhaupt auch? „Es handelt sich nicht um Atemschutzmasken nach FFP Zertifizierung, sie sind ohne Filter“, erklärt Renato Trachsler. „Es zeigte sich, dass dicke Baumwolle, wie sie bei Mayas Masken in der inneren Lage verarbeitet wird, 70% der Viren aufhalten. Besser schneidet nur noch ein Staubsaugersack ab.“
Die Produktion einer Maske dauert 45 Minuten. Sie sind doppelt verarbeitet, das heisst, die hintere als auch die vordere Seite ist schön“, sagt Maya Trachsler. „Ich liefere Schweizer Qualität, Schweizer Design und wertvolle Stoffe.“ 40 Franken kostet ein Stück, was Käufer und Käuferinnen angesichts des Arbeitsaufwandes und der Qualität als einen fairen Preis empfinden.
Woher hat sie die Stoffe? „Ich bin Modedesignerin, Stoffe sind meine Passion. Ich sammle sie schon ein Leben lang. Davon profitiere ich jetzt.“
„Im Gegensatz zu den billigen Exemplaren kann bei meinen Masken das Elastikband verstellt und der Kopfgrösse angepasst werden.“ Waschen sollte man die Masken bei 40 bis 60 Grad. Doch: „Seife hilft bekanntlich im Kampf gegen das Virus“, sagt Maya Trachsler, „deshalb kann man die Masken auch mit Seife und heissem Wasser täglich von Hand auswaschen und dann zum Trocknen aufhängen.“
Nicht nur in der Schweiz gibt es heftige Diskussionen, ob das Tragen von Schutzmasken sinnvoll ist oder gar für obligatorisch erklärt werden soll. Wie sieht es der Zahnarzt Dr. Renato Trachsler?
„Die Haltung des BAG bezüglich der Pflicht, Masken zu tragen, mag schon richtig sein, sofern der Mindestabstand eingehalten werden kann“, erklärt er uns. „Dies ist aber nicht immer der Fall. Beim neulichen Einkauf beim Grossverteiler war es schlicht unmöglich. In einer solchen Umgebung erachte ich das Maskentragen als sehr sinnvoll. Das ersetzt natürlich die anderen Empfehlungen des BAG, wie Händedesinfektion und das Nichtberühren des Gesichtes mit den Händen, nicht. Und natürlich soll man sich mit einer Maske nicht in falscher Sicherheit wiegen. Es bleibt zudem offen, ob die Tragepflicht eventuell nicht doch noch für gewisse Bereiche, wie in anderen Ländern auch, eingeführt wird.“
„Die Massnahmen des Bundes waren gut durchdacht“
Und wie beurteilt er die Politik des Bundes und des Bundesamtes für Gesundheit? „Die Massnahmen des Bundesrates waren gut durchdacht und wurden ruhig und bewusst kommuniziert. Der bisherige Verlauf gibt dem Bundesrat recht. Die grosse Herausforderung wird der Weg zurück zu einer gewissen Normalität werden. Da wird sich der Bundesrat erst noch beweisen müssen. Natürlich hätte ich, wie alle selbständig Erwerbenden, es begrüsst, meine Praxis bereits ab dem 20. April wieder öffnen zu können, da gerade bei uns das Risiko einer Infizierung gering ist.“
Renato Trachslers Praxis ist jetzt auf unbestimmte Zeit geschlossen. Wie steht es mit Notfällen? „Es ist uns nur noch erlaubt, sehr dringende, die Gesundheit der Patienten akut gefährdende Notfälle zu behandeln. In unserer Praxis, in welcher die Patienten regelmässig zur Kontrolle erscheinen, sind Notfälle eher selten.“
Am Abend nach getaner Maskenproduktion gehen die beiden frische Luft schnappen. Ziehen sie dann eine Maske an? „Ja, klar“, sagt Maya Trachsler. „Im Wald lege ich sie jedoch ab. Wenn allerdings ein schnaubender Jogger an mir vorbeirennt, ziehe ich sie wieder hoch.“