Hunderttausende versammelten sich am Samstag in Rom und demonstrierten gegen den sozialdemokratischen Regierungschef Matteo Renzi. Unter den Demonstranten befanden sich viele Linke, sogar frühere Minister. Sie wehren sich gegen die von Renzi propagierte Reform des verkrusteten Arbeitsmarktes. Diese Verkrustung trägt wesentlich zur italienischen Krise bei.
Die "linken Linken" und ein grosser Teil der Gewerkschaften sind in Italien in den letzten Jahren erstarrt und vor allem auf Besitzstandwahrung aus. Neue Ideen kommen nicht, dafür die alten Schlagworte: „Wir müssen die Reichen mehr schröpfen, nur das ist die Lösung“.
Wie das Mitte-Rechts-Sammelbecken von Berlusconi ist auch der linke Partito Democratico (PD) ein zusammengewürfelter fragiler Haufen. Er besteht aus Ex-Christdemokraten, Ex-Liberalen, Sozialdemokraten, Ex-Reformisten, Ex-Zentristen, Ex-Kommunisten, Ex-Stalinisten, Ex-Grünen, Ex-irgendetwas.
Der linke Flügel der Partei wirft Renzi schon lange vor, er sei kein Linker, sondern ein Tony Blair, ein verkappter Berlusconi – oder schlimmer: eine Margaret Thatcher.
Der Machtkampf innerhalb der Linken ist jetzt voll ausgebrochen. Die Gewerkschaften drohen mit Generalstreik. Spaltet sich jetzt der linke Flügel der Partei von den Renzianern ab? Das ist nicht ausgeschlossen? Viele sagen, das wäre eine Katastrophe für Renzi, dann würde er seine Machtbasis verlieren. Doch wäre es eine Katastrophe? Man kann Renzi viel vorwerfen, vor allem sein grosses Maul. Aber die Probleme hat er erkannt.
Vielleicht haben die Gewerkschaften am Samstag ein Eigentor geschossen. Renzi ist es leid, sich mit der alten Garde der Linken herumzuschlagen. Er pokert jetzt hoch. Er riskierte bewusst einen Teil seiner Partei zu verlieren, dafür andere Wählerschichten zu gewinnen. Am Sonntag sprach er von einem „neuen Partito Democratico“ – da denkt man an New Labour. Er will den verknöcherten linken Flügel der Partei loswerden und seine Bewegung auch für Mitte-Rechts-Wähler wählbar machen. Ob diese Strategie aufgeht, muss sich zeigen.
Die Demonstration am Samstag hat ihn aufgerüttelt. "Eine garantiert feste Anstellung bis ans Lebensende gibt es nicht mehr", provozierte er am Sonntag. Entweder bringt er die dringend nötige Arbeitsreform - das Kernstück seiner Reformagenda - durch das Parlament – oder er ist abgeschrieben.