Am 30. März beginnt offiziell die Kampagne für die ägyptischen Präsidentenwahlen. Dies hat der interimistische Präsident Adli Mansur angekündigt. Das bedeutet, dass alle Kandidaten bis Ende des Monats bekannt sein müssen. Bisher hat erst einer seine Kandidatur angekündigt: Hamdeen Sabahi, ein linksgerichteter Politiker, der sich einen Nasseristen nennt.
Der Favorit der Wahl, General as-Sissi, hält sich noch immer bedeckt. Allerdings gibt es zahlreiche Anzeichen, dass er kandidieren wird. Er selbst, aber auch viele Politiker und die Armee-Führung haben dies angedeutet.
Wenn as-Sissi tatsächlich kandidiert, muss er aus der Armee austreten und seinen gegenwärtigen Posten als Verteidigungsminister und Oberbefehlshaber der Armee aufgeben. Dies, weil Armeeangehörige nicht wählen und nicht gewählt werden können.
Führende Rolle des Staatschefs in der Armeeführung
Der notwendige Rücktritt könnte der Grund sein, weshalb as-Sissi bisher seine Kandidatur noch nicht offiziell bekannt gegeben hat. Er hat am 17. März Neubesetzungen in der Armeeführung angeordnet.
Zuvor, Ende Februar hatte der amtierende Staatschef Mansur ein Dekret erlassen. Dieses legt eine Neuordnung des Obersten Rates der Streitkräfte (SCAF) fest. Danach erhält der künftige Staatschef eine führende Rolle im Souveränen Rat der Streitkräfte.
Der Militärrat wird alle drei Monate zusammentreten – oder öfter, falls dies notwendig ist. Der Verteidigungsminister wird ihn einberufen und präsidieren. Auch der Staatspräsident kann den Rat einberufen. Er erhält zudem die Vollmacht, weitere Offiziere zu ernennen, die dem Rat angehören. 26 führende Offiziere, die je ein Kommando ausüben, gehören dem Rat an. Laut der Verfassung hat der Verteidigungsminister, der den Vorsitz ausübt, stets ein Offizier zu sein. Er ist gleichzeitig Oberkommandant der Streitkräfte.
Machtpositionen neu verteilt
Diese Neuregelungen und Neubesetzungen sollen offenbar unter Dach und Fach gebracht werden, bevor as-Sissi offiziell zurücktritt – und dann kandidiert.
Undurchsichtig ist eine seltsame Episode, die sich in den letzten Wochen ereignete. General Sami Anan hatte seine Kandidatur für die Präsidentschaftswahlen angekündigt, sie jedoch am 12. März zurückgezogen – und zwar, wie es hiess, „auf Anraten der Armee“. Anan war Generalstabschef der Streitkräfte unter Mubarak. Er war zusammen mit dem damaligen Oberkommandierenden, Marschall Tantawi, der führende Offizier. Nach dem Sturz Mubaraks hatte der Oberste Rat der Streitkräfte 17 Monate lang regiert. Anan und Tantawi wurden dann am 11. August 2012 von Präsident Mursi abgesetzt. as-Sissi wurde Verteidigungsminister und Oberkommandierender.
Offenbar werden im Vorfeld der Präsidentenwahlen die Machtpositionen innerhalb der Streitkräfte neu verteilt. Man kann annehmen, dass as-Sissi die wichtigen Positionen mit Offizieren besetzt, denen er vertraut. Erst nach Vollzug dieser Revirements wird er dann wohl seine militärischen Ämter abgeben.
Unanfechtbare Wahlkommission
Die Wahl soll bis zu 17. Juli beendet sein. Der Beginn der Kampagne war ursprünglich auf Ende Februar vorgesehen. Doch er verzögerte sich, weil eine heftige Diskussion über das neu erlassene Wahlgesetz ausgebrochen war. Dieses besagt in seinem Paragraph 7, dass die Entscheidungen der Wahlkommission endgültig seien und nicht vor Gericht angefochten und weiter gezogen werden könnten.
Dagegen protestierten Politiker. Sie erklärten, diese Regelung widerspreche der neuen Verfassung. Dort steht, die Bürger hätten das Recht, Entscheidungen der Behörden vor Gericht anzufechten. Doch der amtierende Staatschef, Adli Mansur, seines Zeichens selbst Richter, erklärte, die Bestimmung sei notwendig. Mit ihr soll vermieden werden, dass die endgültige Einsetzung eines neuen Präsidenten möglicherweise lange Zeit verzögert werden könnte. Eine solche Entwicklung würde dem Land in seiner gegenwärtigen Lage Schaden bringen. Am Ende setzte Mansur sich durch, und Paragraph 7 blieb bestehen. Wenn as-Sissi kandidiert, wirkt sich auch diese Bestimmung zu seinen Gunsten aus.
Vorauseilende Wahlpropaganda
Schon hat der Sissi-Kult erstaunliche Blüten hervorgebracht. Der Sprecher der Armee, General Ahmed Ali, gab am 23. März bekannt, die Armee habe in Erfahrung gebracht, dass gegen 1‘500 Personen illegale Wahlveranstaltungen zugunsten General as-Sissis organisierten. Sie nähmen dabei Geld in Empfang, zwischen 125 und 200 ägyptische Pfund pro Person (das sind heute nur noch rund 22 - 33 Franken) und versprächen den Spendern Vorteile, wenn Sissi gewählt ist. Der Armee-Sprecher erklärte, diese Personen würden nach dem Gesetz bestraft werden.
Es gibt auch schon Umfragen in Ägypten. Diese ergeben, dass bereits heute 51 Prozent der Wähler sich für as-Sissi entschieden hätten, obwohl er noch nicht Kandidat ist. Den linken Nasseristen Hamdeen Sabahi wollen nur 1 Prozent der Befragten wählen.