Klar war: Das jetzige Regime fürchtete diesen Jahrestag. In den Wochen und Tagen vor diesem Montag, 25. Januar, haben die Sicherheitskräfte von Präsident al-Sisi die gesamte Innenstadt von Kairo militärisch besetzt und bewacht. Sie war damals 2011 Schauplatz der Revolution. Sicherheitsbeamte drangen jetzt in Privathäuser ein und durchsuchten sie, ohne Durchsuchungsbefehl natürlich.
Gesuch wurden Menschen, die auf politischem oder kulturellem Gebiet wichtig sind. Menschen also, denen die Polizei zutraute, sie könnten etwas mit Revolution zu tun haben. Ihre Computer und Laptops wurden untersucht. Die kleinsten Anzeichen von Kritik am Regime genügten, um sie festzunehmen. Auch Bücher, die die Beamten fanden, konnten Anlass für Festnahmen sein.
Einschüchterung
Auch jene kulturelle Institute, die nicht vom Staat kontrolliert werden, wurden durchsucht. Da warfen Polizisten Gegenstände, die sie in den Büros und Haushalten fanden, wild durcheinander auf den Boden. Wenn nur das geschah, konnte man froh sein. Hunderte Beamte waren es, die an diesen Aktionen teilnahmen, oder waren es Tausende? Einerseits hatten sie die Aufgabe, Verdächtige festzunehmen, vor allem aber dienten die Aktionen dazu, die Bevölkerung einzuschüchtern.
Ein Beamter der "inneren Sicherheit" erklärte der Agentur Reuters: "Wir haben verschiedene Massnahmen ergriffen, um sicherzustellen, dass die Aktivisten keinen Freiraum haben und sich nicht versammeln können. Mehrere Cafés und andere Treffpunkte wurden geschlossen. Einige Aktivisten wurden festgenommen, um andere abzuschrecken“.
"Der Segen von Ruhe und Sicherheit"
Durchsucht wurde auch der Verlag "Merit Publishing House", der dann geschlossen wurde. Sein Leiter sieht die Sache so: "Die Sicherheitskräfte glauben, dass die Bürger einknicken, wenn geprügelt wird. Sie glauben an Furcht und Verängstigung." Der Verlag wurde an dem Tag durchsucht, an dem ein Autor ein Buch über Korruptiopn präsentierte.
Die Prediger in den Moscheen hatten vom zuständigen Waqf-Ministerium Vorschriften darüber erhalten, was sie zu predigen hätten. Eine der vorgeschlagenen Predigten trug den Titel: "Der Segen von Ruhe und Sicherheit".
"Eine Regierung, die auf das Volk hört"
Das staatliche Fernsehen leistete seinen Beitrag. Der Fernsehkommentator Ahmed Moussa, der dem Regime nahesteht, erklärte: "Jeder, der am 25. Januar demonstriert, wird als Leiche heimkehren!"
Auch Präsident al-Sisi hielt eine Rede. In seiner Botschaft sagte er, in den letzten zwei Jahren sei Ägypten aus „einer Gruppe weniger“ zu einem „Staat aller geworden“. Al-Sisi herrscht seit zwei Jahren. Wenn er von "einer Gruppe weniger“ spricht, meint er die Muslimbrüder. Das Land habe nun eine Regierung, "die auf das Volk hört".
Untergrundkrieg
Der 25. Januar ging denn auch fast ruhig vorüber. Zwar erschoss die Polizei zwei Menschen in einer Wohnung nahe bei Gizeh im Grossraum Kairo. Laut offiiellen Angaben wurden die beiden gesucht wegen eines Sprengstoffanschlags in Gizeh, bei dem neun Menschen am vergangenen Donnerstag ums Leben kamen, unter ihnen sechs Polizisten.
Fazit: Es gibt keine bedeutsamen Anti-Regime-Demonstrationen mehr. Es gibt jedoch einen Untergrundkrieg gegen die ägyptische Armee und Polizei mit dem Schwerpunkt in Sinai und Verzweigungen, die bis nach Kairo hineinreichen. Wer diesen Untergrundkrieg gewinnen wird, ist noch ungewiss.
"Ernten, was gesät wurde"
Man weiss nur, dass man wenig darüber weiss, weil einzig die Armee darüber informiert. Die Medien dürfen nur publizieren, was die Armee veröffentlicht haben will. Beobachter sprechen von Hunderten, wenn nicht Tausenden von Soldaten, die diesem Krieg zum Opfer gefallen seien.
Die Armee zieht es vor, sich als Sieger darzustellen. Doch bisher haben die Kämpfe und Anschläge nicht aufgehört, trotz Todesurteilen, überfüllten Gefängnissen und dem Grosseinsatz der Sicherheitskräfte und der Armee. "Das Regime befürchtet zu ernten, was es gesät hat", merkte ein anonymer Beobachter an.