Die Huthis hatten auf ihrem langen Marsch durch ganz Jemen von Norden nach Süden Aden am Donnerstag erreicht. Sie waren in einigen der Quartiere der aus mehreren untereinander durch Strassen verbundenen Teilen bestehenden Küstenstadt eingedrungen. Sie hatten auch den Präsidentenpalast besetzt, aus dem Präsident al-Hadi wenige Tage zuvor, am 25.März, geflohen war.
Drohende Unterwerfung
Doch es gab weiterhin Widerstand durch bewaffnete Gruppen von Bewohnern der Stadt. Die Südjemeniten und mit ihnen die Einwohner Adens fürchten die Huthis, die aus dem Norden Jemens kommen, einer rauhen Berg- und Wüstenregion, und die dazu Zaiditen sind. Anhänger der zaiditischen Religionsgemeinschaft haben als kriegerische Bergbevölkerung und Stammesleute über 1000 Jahre hinweg das Land Jemen beherrscht, manchmal vollständig, in anderen Zeiten teilweise.
Der unterworfene Bevölkerungsteil waren jeweils die Sunniten, die man in Jemen nach der dort vorherrschenden sunnitischen Rechtsschule als "Shafiiten" bezeichnet. Da die Huthis zur Zeit Sanaa beherrschen und aus Sanaa nach Aden vorgestossen sind, bedeutete ihre Invasion für die Südjemeniten auch, dass die Zentralgewalt aus Sanaa, von der sie sich lossagen wollen, ihre Landesteile erneut in Besitz zu nehmen droht. Dies dürfte den Widerstand gegen die Huthis beflügelt haben, mehr noch als die Loyalität zu dem geflohenen Präsidenten al-Hadi.
Rückschläge für die Huthis
Am Freitag sahen sich die Huthis gezwungen, den Präsidentenpalast wieder zu räumen. Er war über Nacht von den Saudis bombardiert worden. Die Saudis haben auch Waffen, medizinisches Material und militärische Ausrüstungsgegenstände über einem der Viertel von Aden abgeworfen, das vom Widerstand gegen die Huthis gehalten wird. Die Widerstandskämpfer hoffen jedoch auf mehr. Manche ihrer Kämpfer fordern, dass die saudische Allianz Truppen nach Aden entsendet, um den Kämpfen in ihrer Stadt ein Ende zu machen.
Die Huthis haben die Stadt nicht verlassen. Sie suchen im Gegenteil Schutz vor den Bomben, indem sie sich in den Wohnquartieren verstecken. Was die Stadtbevölkerung einer doppelten Gefahr aussetzt: einerseits durch die Huthis in ihren Gassen und Häusern, anderseits durch die Bombenschläge der saudischen Koalition, die mit den Huthis in ihren Gassen und Häusern auch die zivile Bevölkerung treffen.
Geländeverluste der Huthis
Asserhalb Adens mussten die Huthis sich unter dem Druck der südlichen Stämme und der mit ihnen zusammenarbeitenden Teile der Streitkräfte, die für al-Hadi eintreten, sowie ebenfalls unter Luftangriffen auch aus zwei der südlichen Provinzen zurückziehen, Shabwa und Dali, die sie kurz vorher besetzt hatten. Die Bombadements der Saudis werden derzeit fortgesetzt.
Solange die Huthis und die jemenitischen Militärs, die zu ihnen halten, für die saudischen Luftangriffe lohnende Ziele bilden, werden die Saudis kaum zum nächsten Schritt übergehen, der aus einer Landinvasion bestünde. Sie hoffen sicherlich, dass dieser unnötig wird. Zumindest möchten sie vor dem Einsatz ihrer Truppen die militärische Schlagkraft der Huthis und ihrer Verbündeten so weit irgend möglich reduzieren.
Islah kollaboriert nun mit Saudi Arabien
Islah, die Partei der jemenitischen Muslimbrüder, hat erklärt, sie unterstütze die saudische Aktion. Der verstorbene saudische König Abdullah hatte die Muslimbrüder auf die Liste seiner Feinde gesetzt und als solche behandelt, weil er in ihren Versuchen, Islam und Demokratie zu kombinieren, eine Gefahr für seine islamische Monarchie sah. Aus diesem Grund hatte er auch dem jemenitischen Islah seine Gunst entzogen. Doch die Gefahr einer Muslimbruder-Demokratie ging mit dem Sturz Präsident Mursis in Ägypten vorüber, und der neue König Salman hat Schritte unternommen, um die Spannungen mit den Brüdern abzubauen.
Islah ist in Jemen eine ernst zu nehmende Macht. Die Aktivisten dieser Partei, bittere Feinde der Huthis und in den letzten Monaten Opfer von deren Verfolgungen, könnten einen Teil des benötigten Fussvolkes bilden, das gegen die Huthis eingesetzt werden kann, ohne dass Saudi Arabien seine eigenen Soldaten entsenden müsste. - Allerdings wäre Jemen nicht Jemen, wenn nicht auch der Umstand bestünde, dass die Islah Aktivisten und die Südjemeniten untereinander verfeindet sind.
Kommt die Guerilla?
Dies geht auf die Zeit zurück, als Ali Abdullah Saleh 1994 Krieg gegen die Südjemeniten führte, um sie zu zwingen, sich Sanaa unterzuordnen und auf Wiederlostrennung zu verzichten. Dabei gebrauchte der damalige Präsident die Islah Aktivisten aus dem Norden als Hilfstruppen, denen es oblag, die zurückeroberten Teile des Südens, darunter auch Aden selbst, mit Sanaa gleichzuschalten, indem sie die südlichen Landesteile ihre Kontrolle brachten. Islah dürfte deshalb eher in Sanaa als in Aden als Gegenkraft gegen die Huthis einsetzbar sein.
Das gegenwärtige Kräfteverhältnis ist derart, dass die Huthis und ihre militärischen Verbündeten sehr wahrscheinlich gezwungen sein werden, sich aus den Städten zurückzuziehen und ihren Kampf gegen ihre jemenitischen und saudischen Feinde als Guerilla in den Gebirgen und Wüsten Jemens fortzusetzen. Falls sie gewillt sein sollten, weiter zu kämpfen. Doch soweit ist es zur Zeit noch nicht. Vielmehr steht man in einer zerstörerischen und verlustreichen Phase der Auseinandersetzung, in der die Huthis versuchen, in den Städten zu bleiben, ohne für die nächtlichen Bombenangriffe aus Saudi Arabien allzu lohnende Ziele abzugeben. Dazu teilen sie sich auf und tauchen im Weichbild der Städte unter.