Vor einem Jahr fanden die Nationalratswahlen statt. Die parteipolitischen Trends haben sich im laufenden Jahr in den meisten kantonalen Parlamentswahlen fortgesetzt. Die Frauenvertretung ist in den kantonalen Parlamenten und Regierungen angestiegen und erreicht nun mit je rund einem Drittel einen bisherigen Höchststand.
Die Nationalratswahlen 2023 waren gewissermassen eine Gegenbewegung zu den Wahlen von 2019, bei denen die Grünen sowie, etwas weniger, die GLP zugelegt hatten («grüne Welle»), während die SVP deutlich verlor. Bei den Nationalratswahlen 2023 war nun die SVP die Gewinnerin und die Grünen verloren. Leichte Verluste der FDP und kleinere Gewinne der SP dämpften den «Rechtsrutsch» von 2023.
Seit den Wahlen im Oktober 2023 wurden ausserdem in sieben Kantonen Parlament und Regierung neu gewählt: in der Ostschweiz (SG, TG, SH), in der Zentralschweiz (UR, SZ), im Aargau und in Basel-Stadt. Das sind, abgesehen von Basel-Stadt, alles Kantone, in denen die bürgerlichen und rechten Parteien überdurchschnittlich stark sind.
Ökoparteien und FDP als Verlierer
Bei den kantonalen Parlamentswahlen ging die SVP mit insgesamt zwanzig Mandatsgewinnen als klare Siegerin hervor. Sie legte in jedem Kanton zu, ausser im Thurgau (-3), wo sie sogenanntes Proporzpech hatte. In Schwyz, im Aargau und in St. Gallen gewann sie fünf Mandate und mehr dazu.
Die grossen Verliererinnen waren mit per saldo je neun Mandatsverlusten die Grünen und die FDP (inkl. LP-BS). Die Grünen erlitten ihre stärksten Verluste im Aargau und in St. Gallen (-4 bzw. -3), die FDP in Uri und in St. Gallen (-4 bzw. -3).
Ebenfalls auf der Verliererseite stand die GLP. Sie büsste insgesamt drei Mandate ein. Die grössten Verluste gab es im Thurgau und im Aargau (-3 bzw. -2), im Kanton Uri dagegen holte die GLP drei Mandate; sie war hier allerdings zum ersten Mal zur Wahl angetreten.
Die SP legte per saldo vier Mandate zu. Diese Gewinne dürften dem Übertritt der Schaffhauser Alternativen zur SP zu verdanken sein. Die «Mitte» erzielte per saldo einen leichten Gewinn (+1); sie gewann im Thurgau drei Mandate und verlor je eines in den Kantonen Uri und Schwyz.
34 Prozent Frauen in den Parlamenten
Die Frauenvertretung ist bei den jüngsten Parlamentswahlen in Schwyz und Schaffhausen am stärksten angestiegen (um mehr als zehn Prozentpunkte, auf 20% bzw. 37%). Damit konnte Schwyz die rote Laterne, die es seit 2016 getragen hat, an Obwalden abgeben (mit 18%). In drei Kantonen ist der Frauenanteil leicht gesunken (UR, TG, AG).
Mit Blick auf sämtliche Kantonsparlamente ist der Frauenanteil seit 2020 von dreissig auf 34 Prozent angestiegen, was einen Höchststand darstellt. Am grössten ist der Frauenanteil in Neuenburg, wo die Frauen in der Mehrheit sind (58%). Am zweitgrössten ist die Frauenvertretung in Basel-Stadt (46%); darauf folgen Zürich (44%) und Luzern (40%). Am niedrigsten ist der Frauenanteil in Obwalden (18%), Schwyz (20%) sowie Uri und Appenzell Innerrhoden (je 22%).
Nach diesen jüngsten Wahlen sind die Frauen – in sämtlichen Parlamenten – bei den rotgrünen Parteien in der Mehrheit: Bei der SP beträgt der Frauenanteil 55 Prozent und bei den Grünen 51 Prozent. Überdurchschnittlich gross ist die Frauenvertretung auch bei der GLP (45%). Bei der «Mitte» machen die Frauen 31 Prozent aus und bei der FDP (inkl. LP-BS) 27 Prozent. Bei der SVP liegt der Frauenanteil unter zwanzig Prozent (18%).
SP büsst Regierungssitze ein
Verliererin der Regierungswahlen in den sieben Kantonen ist die SP. Sie büsste zwei Mandate ein, eines im Kanton Uri und eines in Schaffhausen. Die Mandate gingen an die «Mitte» (UR) und an die FDP (SH). In Uri verfügt die «Mitte» nun – erstmals wieder seit zwanzig Jahren – über die absolute Mehrheit der Sitze (4 von 7). Die SP ist dagegen, abgesehen von einer kurzen Periode (2000–2004), erstmals seit 1968 nicht mehr in der Urner Regierung vertreten. In der Zentralschweiz isst die Linke hartes Brot: Zurzeit ist die SP von den sechs Zentralschweizer Kantonen nur gerade in der Luzerner Kantonsregierung vertreten (mit Ylfete Fanaj).
Im Vergleich zur Zusammensetzung aller Kantonsregierungen von 2020 hat die SP per saldo drei Mandate weniger (noch 28 Mandate). Die SVP hat dagegen in den vergangenen vier Jahren insgesamt zwei Mandate zugelegt (auf 27) und die FDP eines (mit der LP-BS zusammen auf 38 Mandate). Die «Mitte» (ehem. CVP/BDP) konnte ihre vierzig Mandate in den Kantonsregierungen per saldo halten.
Noch nicht besetzt ist ein Sitz in Basel-Stadt: Die bisherige GLP-Regierungsrätin Esther Keller wird von der Grünen Anina Ineichen im zweiten Wahlgang herausgefordert (der Frauenanteil im Kanton bleibt somit unverändert).
Anstieg der Frauenvertretung
Bei den Regierungswahlen in den sieben Kantonen wurden drei Frauen mehr gewählt: in Uri («Mitte»), St. Gallen (SP) und im Aargau (SVP). In den Kantonen Uri und Aargau wurde mit der Wahl von Céline Huber («Mitte») und von Martina Bircher (SVP) ein Missstand beseitigt: Diese Regierungen sind keine reinen Männergremien mehr.
Im Vergleich mit der Zusammensetzung aller Kantonsregierungen von 2020 ist die Frauenvertretung um markante acht Prozentpunkte angestiegen, von 25 auf 33 Prozent, was einen klaren Höchststand darstellt. In absoluten Zahlen: In kantonalen Regierungen gibt es nun 51 Frauen (+12). In vier Kantonen besteht eine Frauenmehrheit: In der Waadt (71%), aber auch in Solothurn, Genf und Zürich. In elf Kantonen findet sich dagegen nur je eine Regierungsrätin. Im Wallis, als einzigem Kanton, regieren ausschliesslich Männer.
Werden die Frauenanteile in sämtlichen Kantonsregierungen nach Parteien untersucht, so sind sie bei der SP in der Mehrheit (57%). Bei den Grünen beträgt der Frauenanteil 43 Prozent (3 Frauen, 4 Männer; hier steht der 2. Wahlgang in Basel-Stadt noch aus). Relativ hoch ist der Frauenanteil bei der «Mitte» (39%). Sie hat acht Regierungsrätinnen mehr und acht Regierungsräte weniger als vor vier Jahren. Damit hat die «Mitte» wesentlich zum Wachstum der Frauenvertretung in den Kantonsregierungen der letzten vier Jahre beigetragen.
Der Frauenanteil in den Kantonsregierungen liegt bei der FDP (inkl. LP-BS) bei 26 Prozent, bei der SVP bei 22 Prozent. Die GLP verfügt über ein sicheres Regierungsmandat (Nidwalden, männlich besetzt). Je nach Ausgang des 2. Wahlgangs in Basel-Stadt wird die Frauenvertretung bei der GLP oder bei den Grünen um ein Mandat ansteigen.
Link zu den Zahlen des Bundesamtes für Statistik
https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/politik/wahlen.html