Staaten, Banken und Unternehmen rufen in der Not nicht nur nach mehr, sondern nach „frischem“ Geld. Was aber ist mit „frisch“ genau gemeint? Frisch gedruckt? Frisch geklickt? Da kann man nur hoffen, dass das frische Geld nicht schnell wieder matt wird.
Geld wird heutzutage nicht einfach eingenommen, sondern es wird „gespült“, jedenfalls wenn in der Presse über Einnahmen von Unternehmen oder der Öffentlichen Hand berichtet wird. Das heisst, das Geld fliesst, wenn es denn fliesst, dann gleich gewaltig. „Die Metapher lässt an Wogen von Bargeld denken, an donnernde Brandung, die sich schäumend über den Strand ergiesst und einen Haufen glitzernder Münzen und durchnässter Geldscheine zurücklässt“, schrieb Bastian Sick (Spiegel, 22.05.2003). An welche Strände er wohl gedacht hat?
Am sprudelnden Geldsegen kann sich übrigens jeder beteiligen, indem er munter aufs Gaspedal drückt. So meldete die Frankfurter Rundschau am 15. Oktober 2011: „Erwischte Raser können Geld in die Kassen spülen.“ Die Blitze lösen also Spülungen aus.
Was tun, wenn noch nicht gespült wird? Dann müssen Pakete geschnürt und verschickt werden. Früher waren das Care-Pakete, die das Lebensnotwendigste enthielten. In der Finanzkrise wurden daraus „Hilfspakete“, in denen ganz offensichtlich Unsummen von Geld stecken. Jetzt gibt es aber noch „Sparpakete“. Was ist wohl in einem Sparpaket drin? Das wissen wir nicht.
Aber wir wissen, was man damit machen kann. So berichtete die Wirtschaftswoche am 18. Juli 2011: „Mit einem Sparpaket, das deutlich höher ausfällt als zunächst angekündigt, wollen die Südeuropäer ihre Schuldenkrise in den Griff bekommen.“ - Das Paket war für den Griff dann doch wohl zu hoch.
S.W.
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