Rund 20% unserer Stromversorgung soll laut Strategie zukünftig durch die Sonne erfolgen. Da in der Schweiz grossflächige Solaranlagen in der Landschaft nicht mehrheitsfähig sind, muss der Ausbau auf Schweizer Dächern erfolgen. Da ist es nur konsequent, wenn Hausbesitzer dazu angehalten werden, geeignete Dachflächen für Solarstrom zu nutzen. Basel hat schon früh auf 100% Erneuerbare bei der Stromversorgung gesetzt und geht nun auch hier voraus. Der grosse Rat hat mit knapper Mehrheit beschlossen, eine Gesetzesänderung zu prüfen, die Hausbesitzer verpflichtet, Dächer für Solarenergie zu nutzen. Dieses ist natürlich einigen Kreisen ein Dorn im Auge und sie versuchen mit allen Mitteln die Solarenergie schlecht zu reden. Neben dem Argument der hohen Kosten, welches immer weniger greift, da die Solarenergie in rasantem Tempo günstiger wird, und dem Zombie-Argument „die Sonne scheint nicht in der Nacht“, welches in der Schweiz mit den grossen Pumpspeicherkapazitäten lösbar ist, hat nun die BAZ noch ein Argument ausgegraben.
Fake News: Solarenergie in der BAZ
Am Mittwoch wurde in der BAZ vollmundig behauptet, dass die „Fotovoltaik mehr Energie verschlingt, als sie erzeugt“. Diese Erkenntnis soll angeblich durch Schweizer Forscher berechnet worden sein. Geht man der Sache auf den Grund, dann entpuppen sich die Forscher als sehr umstrittene Personen, die gar nicht in der Forschung tätig sind, sondern lediglich ein ETH-Diplom haben. Die angeblich wissenschaftliche Publikation wurde von vielen renommierten Schweizer Forschern widerlegt. Aber nicht nur Forscher widersprechen dieser Behauptung. Auch tausende von installierten Anlagen und Berechnungen dazu zeigen, dass die Photovoltaik immer günstiger und attraktiver wird und bei optimalem Eigenverbrauch durchaus kostendeckend betrieben werden kann.
Ferroni und Reichmuth bekannt für tendenziöse Artikel
Herr Ferroni hatte bereits 2014 in der Weltwoche behauptet, dass PV-Strom mehr CO2 erzeugt als Kohlestrom. Das wurde schon damals als falsch widerlegt. Jetzt wird das Thema in der BAZ unter einem anderen Titel nochmals aufgewärmt. Tatsächlich wird oft der grauen Energie zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt und wir verbrauchen in der Schweiz viel zu viel davon. Diese Rechnung aber nur auf die Solarherstellung anzuwenden und nicht auf alle Produkte, Reisen und Prozesse ist nicht korrekt. Anzustreben ist natürlich, dass nach und nach die Produktion aller Güter auf erneuerbare Energien umgestellt wird und somit die Bilanz immer besser wird. Aber auch heute schon, selbst mit Kohlestrom hergestellt, erzeugt ein Solarmodul mehr Strom, als die Produktion braucht. Zusätzlich steht es natürlich jedem frei seine PV-Panels in einem Land zu beziehen, in dem der Strommix besser ist und damit noch mehr CO2 zu vermeiden. Ökonomisch sind die Vollkosten aber auch sehr wichtig und dabei schneiden die neuen erneuerbaren Energien mittlerweile deutlich besser ab als neue Kern- oder Kohlekraftwerke.
Zweifel an der Wissenschaft
Schlimm ist, dass der Artikel neben den Falschaussagen sehr tendenziös geschrieben ist. Sätze wie „Glaubt man Lobbyisten und PV-freundlichen Wissenschaftlern …“ sind hoch problematisch, da sie die Glaubwürdigkeit der Wissenschaft in Frage stellen. Die Strategie erinnert an das Vorgehen der Klimaskeptiker und der Tabakindustrie. Durch Verweise auf die grosse Spanne von Studienergebnissen werden Zweifel an wissenschaftlichen Ergebnissen gesät, ohne zu sagen, dass die Spanne eigentlich nur durch wenige „Ausreisser“ produziert wird. Dass solche Praktiken von der BAZ kommen, wundert leider anhand der Historie wenig und zeigt wohin die Reise gehen kann, wenn die Medienlandschaft zunehmend politisiert und zentralisiert wird. Offensichtlich ist hier, dass gezielt versucht wird, die Bevölkerung und Politik vor einer kommenden Abstimmung zu beeinflussen. Schön, dass mittlerweile eine sehr aktive Gruppe von Wissenschaftlern und Experten schnell auf solche Falschaussagen reagiert und gut begründete Richtigstellungen publiziert (siehe unten).
Nationales Interesse Stromerzeugung
Aufhalten lässt sich die Solarenergie nicht mehr, das zeigt die Entwicklung in unseren Nachbarländern, die bereits deutlich mehr Solarstrom generieren. Die Frage ist eher, ob die Entwicklung in der Schweiz weiter verzögert wird. Im Rahmen der Änderung der Gesetzgebung zu den Eigenverbrauchsgemeinschaften und der Möglichkeit, den selbst produzierten Strom auch mit den Nachbarn zu teilen, gibt es viel Potential, den Solarstrom günstig an die eigenen Mieter zu verkaufen. Dadurch profitieren sowohl Produzenten wie auch Mieter. Ungünstig ist, wenn geeignete grosse Dächer wegen Trägheit oder Unwissen der Hausbesitzer ungenutzt bleiben. In diesem Sinn kann es gerechtfertigt sein, die Hausbesitzer zu zwingen, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen. Schliesslich müssen auch Landbesitzer Stromleitungen zulassen oder Bergbewohner den Bau eines Staudamms. Vergleichbar damit sind auch Dächer Ressourcen, die im nationalen Interesse genutzt werden sollten, damit wir die Ziele der Energiestrategie 2050 erreichen können.
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Artikel in der BAZ vom 20.12.2017
Veröffentlichung der umstrittenen Autoren
http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0301421516301379
http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0301421517302914
Antworten und Forschung zum Thema
http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0301421516307066
http://www.swissolar.ch/services/medien/news/detail/n-n/stellungnahme-zum-artikel-die-verheerende-bilanz-von-solarenergie-baz-vom-201217/