Sie will das Unterrichtsfach Deutsch zwar nicht abschaffen, aber so stark beschneiden, dass die Schüler in den wenigen noch verbleibenden Stunden – zweieinhalb pro Woche statt bislang bis zu zwölf - alles Mögliche lernen, nur kein Deutsch. Es handelt sich dabei natürlich um eine Reform. Motiviert ist diese Reform durch den Kampf gegen alles, was irgendwie „elitär“ sein könnte. Demnach muss unter allen Umständen verhindert werden, dass jemand etwas kann, was ein anderer nicht kann. Gerechtigkeit fordert halt ihren Preis.
Wenn man Lehrer in Angst und Schrecken versetzen will, muss man nur „Reform“ sagen. Reformen bedeuten, dass das, was einmal für richtig gehalten und entsprechend unterrichtet wurde, eines Tages nicht mehr richtig ist, also geändert werden muss, sich danach aber die Erkenntnis durchsetzt, dass das, was geändert wurde, doch so ganz falsch nicht war, so dass eine neue Reform nötig ist, um die Fehler der vorherigen Reform zu korrigieren, bis es dann endlich zu einer Reform kommt, die insgesamt auf eine einheitlichere Lösung hinarbeitet, die dann im Zuge weiterer Reformen der Revision unterzogen werden kann, so dass die Grundlagen für eine neue Reform gelegt sind. - Wir sprechen nicht nur von der Rechtschreibreform.
Alle sind am Reformieren. Politiker reformieren, Verwaltungen reformieren, nur die Wirtschaft nicht. Während die „Spin-Doctors“ der Politiker wissen, dass der positive Beiklang des Wortes „Reform“ sich durch keine Reform ruinieren lässt, haben sich die Werber schon immer für ein stärkeres Wort begeistert: Revolution. Immer handelt es sich bei neuen Produkten um Revolutionen, etwa wenn der ohnehin schon sehr flache Flachbildschirm noch ein wenig flacher wird. Genaugenommen wäre das eher eine Reform, denn der Bildschirm wird lediglich dem Fernsehprogramm angepasst.
Aber es ist schon erstaunlich, dass der Zauber mancher Worte nicht vergeht, komme, was da wolle. „Neu“ ist so ein Wort, „Liebe“ auch. Sprache ist eben stärker als die Wirklichkeit.