Der Film „Argo“, der von einer gewagten Geheimoperation zur Befreiung von US-Diplomaten aus Teheran nach der Khomeiny-Revolution handelt, hat in diesem Jahr in Hollywood die meisten Oscars abgeräumt. (Ein militärischer Befreiungsversuch für alle Botschaftsangehörigen hatte 1980 in einem Desaster geendet). Maureen Dowd, die scharfzüngige Kolumnistin der „New York Times“ kritisierte darauf, dass verschiedene Szenen in dem Streifen von Ben Affleck fabriziert worden seien. Der Regisseur gibt das auch zu, man habe eben die Story zusätzlich dramatisieren wollen. Auch im preisgekrönten Film „Lincoln“ von Steven Spielberg ist ein wesentliches Detail – das Votum zweier Abgeordneter bei der Kongress-Abstimmung über das Sklaverei-Verbot – willkürlich verdreht worden. Dowd hält diese letztere Manipulation für unakzeptabel. Auch ich ärgere mich, wenn in Filmen über historische Ereignisse Szenen „hinzugedichtet“ und Fakten verfälscht werden. Schliesslich wird dem Publikum suggeriert, es gehe nicht nur um Unterhaltung à la James Bond, sondern um geschichtliche Wahrheit. Ein New York Times-Leser hält dem entgegen, dass ja auch Shakespeare etwa im „Julius Cesar“ es mit den Fakten nicht so genau genommen habe. Dennoch sei das grosse Literatur, die uns historische Epochen und Persönlichkeiten näher bringe. Ein valables Argument. Nur sollten die Manipulationen dann nicht so total durchschaubar und konstruiert sein wie die Verfolgungsjagd auf ein Swissair-Flugzeug in „Argo“. (Reinhard Meier)