Las Vegas war der passende Austragungsort für die letzte von drei Fernsehdebatten zwischen Hillary Clinton und Donald Trump. Die Stadt in der Wüste Nevadas ist einer Definition zufolge „der letzte ehrliche Platz auf dieser Welt“ – ein schillernder Ort, der nicht verhehlt, was allein für ihn zählt: Geld, Geld und Geld. Eines der populärsten Hotels der Stadt heisst „The Mirage“ – Fata Morgana. Das Wahrzeichen der Herberge ist ein künstlicher Vulkan, der zweimal abends mit Getöse ausbricht.
Zwar ging es in der Debatte an der University of Nevada nur vordergründig um Wählerinnen und Wähler – in erster Linie jene der unentschiedenen Sorte. Doch weder Clinton noch Trump liessen Zweifel daran, dass es ihnen am Ende um den ganz grossen Preis geht: die Macht in Washington DC. Um die zu erlangen, setzten die beiden nicht auf Nuancen, sondern dem Neon-getränkten Geist des Ortes entsprechend auf grelle Versprechen, die Demokratin subtiler, der Republikaner gröber.
Doch Donald Trump gelang es auch in Las Vegas nicht, den schlingernden Seelenfänger, zu dem sein Wahlkampf verkommen ist, wieder aufzurichten und auf Kurs zu bringen. Er stolperte erneut über sein Ego und seine Beratungsresistenz, obwohl er nicht schlecht in die 90-minütige Debatte startete und Hillary Clinton das eine oder andere Mal in Verlegenheit brachte, so etwa bei Themen wie den gelöschten E-Mails oder den intransparenten Aktivitäten der Familienstiftung.
Doch Trumps grösster Feind war nicht Clinton, sondern er sich selbst. Als er sich auf die Frage des Moderators nicht festlegen mochte, ob er den Ausgang der Wahl vom 8. November anerkennen würde, und erneut davon sprach, die Medien und die Aussenwelt hätten sich gegen ihn verschworen, war die Reaktion fast einhellig. Sich in Amerika nicht für einen friedlichen Machttransfer auszusprechen, sei „erschreckend“, konterte Hillary Clinton – eine Einschätzung, die in der Folge die meisten Kommentatoren im Lande teilten. „Donald Trumps Verachtung für die Demokratie“, titelten die Leitartikler der „New York Times“.
Mit seiner skandalösen Antwort entlarvte sich Donald Trump als das, was er um keinen Preis sein will: als schlechter Verlierer, der jegliche Bodenhaftung verloren hat und in einer Wirklichkeit eigener Kreation existiert. Zwar lebt Las Vegas davon, seinen Besuchern Welten vorzugaukeln, die es nicht gibt, und Träume zu wecken, die nicht wahr werden. Doch Trump scheint vergessen zu haben, dass Amerika ohne eine gehörige Portion Realitätssinn nicht so gross geworden wäre, wie es düsteren Prognosen des Kandidaten zum Trotz nach wie vor ist.
Die Nation zwischen Atlantik und Pazifik mag nicht immer jene „leuchtende Stadt auf einem Hügel“ sein, die Ronald Reagan seinerzeit vollmundig pries. Doch die amerikanische Unabhängigkeitserklärung von 1776 verspricht als „gewisse unveräusserliche Rechte unter anderem Leben, Freiheit und das Streben nach Glück“ – keine schlechte Basis für ein 320-Millionen-Land, das Donald Trump in Trümmern und Hillary Clinton im Aufbau sieht. Trumps Wahlkampfslogan „Make America Great Again“, auf Twitter zu MAGA verkürzt, erinnert nach der letzten Debatte in Las Vegas immer stärker an GAGA.