Medienunternehmen sind nicht immer so transparent, wie sie es von Individuen, Firmen und Institutionen fordern, über die sie berichten. Jüngstes Beispiel dafür ist der amerikanische Fernsehsender Fox News, der dem konservativen Verleger Rupert Murdoch gehört. Der Gründer und langjährige Leiter des lukrativen Nachrichtenkanals, Roger Ailes, hat unlängst seinen Chefposten räumen müssen, weil mehrere Mitarbeiterinnen ihn beschuldigten, sie sexuell belästigt zu haben.
Das Unternehmen 21st Century Fox, Besitzer von Fox News, konnte aufgrund des öffentlichen Aufsehens und der möglichen Rufschädigung nicht anders, als Roger Ailes umgehend zu entlassen – mit einer Abgangsentschädigung von 40 Millionen Dollar. Der 76-Jährige hatte in seiner früheren Laufbahn Präsident Richard Nixon beraten und sich als Pionier der Negativwerbung in Wahlkämpfen einen Namen gemacht.
Das Credo von Fox News ist „Fair and Balanced“. In Wirklichkeit aber berichtet der Sender weder fair noch ausgeglichen, sondern mit rechter Schlagseite. Seine Stars wie Sean Hannity oder Bill O’Reilly giften, von Fakten häufig unbelastet, aggressiv gegen alles, was aus demokratischer oder liberaler Ecke kommt. Sie gehören in den Medien zu jenen Brandstiftern, die Donald Trump in der Politik den Weg geebnet haben.
„We Report – You Decide“, heisst ein weiteres Motto des Nachrichtenkanals. Im Fall Roger Ailes jedoch hat Fox News sein Versprechen nicht gehalten, vorurteilslos zu berichten und das Publikum entscheiden, d.h. sich eine eigene Meinung bilden zu lassen. Der TV-Sender, der sich sonst leicht erregbar an allem aufgeilt, was auch nur entfernt nach Skandal riecht, hat nur ganz knapp darüber informiert, dass und weshalb sein verehrter Boss gefeuert worden ist. Dazu kein Hintergrund, kein Interview, keine Talkshow.
Kommentieren mögen Mitarbeitende die plötzliche Enthaltsamkeit nicht. Dagegen hat die Anwältin jener Moderatorin, die Roger Ailes als Erste wegen sexueller Belästigung eingeklagt hat, verlauten lassen, sie habe Medien aus aller Welt bisher mehr als 100 Interviews gegeben. Fox News war nicht darunter. Immerhin hat 21st Century Fox eine Anwaltsfirma damit beauftragt, den Vorwürfen gegen den lange Zeit als unantastbar geltenden Fernsehchef nachzugehen.
Ob die Ergebnisse dieser Untersuchung publik werden, ist ungewiss. Sie müssten es aber, will sich Fox News einen Rest von Glaubwürdigkeit bewahren in einer Zeit, da die Öffentlichkeit sich zunehmend nach eigenem Gusto informiert und herkömmlichen Medien immer stärker misstraut. Nicht zu Unrecht, wenn die Presse es versäumt, offen und ehrlich über eigene Missetaten zu berichten. Fair und ausgeglichen, auch wenn es schmerzt.