Zuvor hatte er den «Davos-Man» doch als Inbegriff des abgehobenen Globalisierungs-Turbo angeprangert, der keine Ahnung von den Sorgen des kleinen Mannes habe.
Der amerikanische Star-Ökonom und Nobelpreisträger Joseph Stiglitz meinte dieser Tage in einem Interview auf die Frage, warum Trump zum WEF-Spektakel in die Bündner Berge reise, dem Präsidenten gehe es möglicherweise darum, sich auf diesem Forum als Staatsmann zu profilieren. Er sei wohl betroffen über die Zweifel, die der Autor Michael Wolf in seinem Bestseller «Fire and Fury» über den psychischen Zustand des Herrn im Weissen Haus verbreitet habe.
Dass der Egomane Trump von Selbstzweifeln geplagt sein könnte oder sich Sorgen über die Zweifel anderer Leute an seiner psychischen Befindlichkeit machen könnte, wäre ein bisher unbekannter Zug an ihm. Sollte ihm tatsächlich daran gelegen sein, die Weltöffentlichkeit von seinem staatsmännischen Format und Weitblick zu überzeugen, müsste er sich in Davos einer Rhetorik befleissigen, die sich radikal von den kruden Zerrbildern seiner Amtseinsetzungs-Rede vor einem Jahr oder vom infantil inspirierten America First-Jargon seiner ersten Uno-Rede im vergangenen Herbst unterscheidet. Man darf seine Zweifel haben, dass der Präsident an inhaltlich und sprachlich anspruchsvolleren Tönen interessiert ist.
Aber vielleicht gibt es noch eine andere Erklärung für Trumps überraschendes Auftauchen in Davos. Der WEF-Erfinder Klaus Schwab, der es fertigbringt, sich gleichzeitig als Globalisierungs-Guru und Globalisierungs-Skeptiker zu inszenieren, hat in einem Interview mit der Journalistin Margrit Sprecher die komplexe Gegenwart bündig auf folgenden Nenner gebracht: «Wir leben in der Ära des Talentismus und nicht mehr in der Ära des Kapitalismus.»
Diese tiefschürfende Zeit-Diagnose dürfte Trump spontan davon überzeugt haben, seine Abneigung gegen die «Davos-Men» (and -Women) hintanzustellen. Wenn es auf alpinen Gipfelhöhen um die fällige Würdigung des Talentismus geht, muss ein Mann wie Trump natürlich dabei sein. Schliesslich hat er sich selber vor kurzem per Tweet und ohne falsche Bescheidenheit, wie es seine Art ist, als Genie geoutet. Seine Anhänger werden das verstehen und ihm den Seitensprung zum Davoser Globalisierungs-Hochamt verzeihen.