Die Todesanzeige der Familie erinnerte nochmals an ein Credo Arthur Bills, dem er ein Leben lang nachlebte: „Zu seinem sinnvollen Dasein gehört auch das da Sein für andere: für die Geliebten und die Nächsten, aber auch für die bedürftigen Fernen und Fernsten. Wenn diese zu Nächsten werden, dient dies dem Frieden auf Erde„.
Lehrer, Militärpilot, Humanist, Katastrophenhelfer, Menschenfreund
Geboren wurde Arthur Bill Ende August 1916 am Berner Gurtenbühl, und Berner mit Bodenhaftung blieb er zeitlebens, aber stets mit einer Offenheit und Menschenliebe, die der ganzen Welt galt. „Mein Vater und meine Mutter waren Verdingkinder“, betonte er, und dies prägte ihn fürs Leben. Nach seiner Ausbildung am Seminar Hofwil unterrichtete er – beeinflusst durch die Pädagogik eines Heinrich Pestalozzi - als Primarlehrer im Kanton Bern.
Zu dieser Zeit entdeckte er auch seine Liebe zur Musik – seine Geige aus der Jugendzeit vermachte er erst kurz von seinem Tod einer bekannten Violinistin.
Zu Beginn des 2. Weltkriegs liess er sich zum Militärpiloten ausbilden – eine Karriere, die er bis zum Oberst im Generalstab der damaligen Flieger- und Flabtruppen verfolgte. Er betonte später mehrmals, dieser Einsatz stehe in keinem Widerspruch zu seinem humanitären Engagement: Er habe sich immer und überall für Selbstbestimmung und Freiheit der Menschen engagiert. So auch im Kampf gegen Nazi-Deutschland.
Kinderdorf Pestalozzi
Die 60 Millionen Toten des 2. Weltkriegs und ein für ihn glimpflich abgelaufener Luftkampf über dem Jura prägten den jungen Bill. Vor allem das Schicksal der Kriegswaisen beschäftigte ihn sehr, und so folgte er 1947 dem Ruf ins neugegründete internationale Kinderdorf Pestalozzi in Trogen, dessen Leiter er zwei Jahre später wurde und dieses zusammen mit seiner Frau Berta bis 1972 führte. Zeitweise wohnten dort 250 Kinder aus 12 Nationen. Die beiden haben zum Aufbau und zur Ausstrahlung dieser Friedensdorf-Idee wesentlich beigetragen.
Während dieser Zeit war er für verschiedene internationale Missionen tätig: 1961 als stellvertretender Chef der Schweizer Delegation bei der UNO-Überwachungskommission in Korea, nach dem Sechstagekrieg von 1967 als Generaldelegierter des IKRK für die Hilfsgüterversorgung im Nahen Osten.
Internationale humanitäre Tätigkeit
Nachdem er sich als Beauftragter der UNO für Humanitäre Hilfe zur Verfügung gestellt hatte, ernannte ihn der Bundesrat 1972 zum Delegierten für Katastrophenhilfe im Ausland. Er baute das Schweizer Katastrophenhilfekorps (heute Schweizerisches Korps für humanitäre Hilfe) auf und leitete die ersten Einsätze. Aufgrund seiner Idee wurde 1981 die Rettungskette Schweiz geschaffen. Bis 1981 war er Chef der Abteilung für humanitäre Hilfe der Direktion für Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe des Bundes (DEH, heute: DEZA).
Mit all diesen Tätigkeiten trug er Wesentliches zur Modernisierung der humanitären Tradition der Schweiz bei. Nach dem altersbedingten Rücktritt stellte er seine Erfahrung verschiedenen humanitären Stiftungen und Hilfswerken zur Verfügung. Er war Präsident des Kinderhilfswerkes Enfants du Monde und bis Ende 1986 Mitglied des Gemeinderates (Exekutive) in seiner Wohngemeinde Gerzensee.
Auf Ersuchen des Bundesrats übernahm er später nochmals für zwei Jahre den Posten des Delegierten für Katastrophenhilfe und organisierte als Sonderbeauftragter des EDA den Einsatz der UNO-„Blaumützen“ und der Schweizer Wahlbeobachter in Namibia. Von 1991 bis 1996 führte er als Leiter des Internationalen Dienstes des Rotary Club Bern Hilfsaktionen für Schulen und Spitäler in Albanien durch. Arthur Bill war Vater von vier Töchtern, darunter der Schauspielerin und Sängerin Maria Bill.
Ehrendoktor phil.hum.h.c.
Arthur Bill ist für sein humanitäres Wirken vielfach geehrt worden. So ist er Ehrendoktor des Lake Erie College in Ohio (USA) und Ehrenpräsident von „Enfants du Monde“. 1986 erhielt er den Max-Petitpierre-Preis, 1995 den Preis der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte und 1998 den Sonderpreis der Schweizerischen Doron-Stiftung für 50 Jahre humanitäres Wirken. Seine Wohngemeinde Gerzensee machte ihn zum Ehrenbürger.
Im Jahre 2008 verlieh ihm die philosophisch-humanwissenschaftliche Fakultät der Universität Bern die Ehrendoktorwürde, was Arthur Bill ganz besonders freute. In der Laudatio heisst es u.a. „...der sich im Dienste staatlicher und nicht-staatlicher Organisationen unermüdlich für Menschen in Not, für die Verständigung der Völker und für die Erhaltung des Friedens in der Welt eingesetzt hat, und der durch seine Person ein eindrückliches Vorbild für Weltoffenheit und Humanität darstellt.“.
Überzeugungen auf väterliche Art
Wer Arthur Bill persönlich begegnete war immer wieder beeindruckt von seiner warmen, humorvollen, oft väterlichen Art, die Welt zu sehen. Vor allem war er ein begnadeter Geschichten-Erzähler, ein höchst aufmerksamer Zuhörer, der auch mal seine Meinung ändern konnte, ohne dabei aber sein dezidiertes, integres Engagement aus dem Auge zu verlieren. In meinen Ohren klingt mir noch immer das liebevolle, versöhnliche Berndeutsch nach, in welches er seine Botschaften für Menschlichkeit zu kleiden pflegte. Seine weisen Überzeugungen werden ihn überleben: „Wenn Du Dich in Deinem Leben der Sorge junger Menschen annimmst, kommst Du mit Deinen eigenen Sorgen besser zurecht. Damit wächst Deine Chance, in ordentlichem Zustand ein höheres Alter zu erreichen.“.