Heinz Wirz beschäftigte sich schon leidenschaftlich mit Büchern, als er noch ein eigenes Architekturbüro leitete. Mitte der 1980er-Jahre stiess er zum Team der Architekturgalerie Luzern und lancierte dabei die inzwischen gesuchte Reihe von Katalogen, welche die ambitionierten Ausstellungen begleiteten. 1988 erschien die Schrift über das Frühwerk von Peter Zumthor. Sie kann aus heutiger Warte als Startschuss für die fulminante Karriere des Bündner Architekten bewertet werden. Wirz konzipierte insgesamt zwölf Kataloge, die einen Einblick in das Schaffen international arrivierter Baukünstler wie Adolf Krischanitz, Hans Kollhoff, José Luis Mateo, Herzog & deMeuron, Diener & Diener und Dominique Perrault gewährten.
1999 gründete er mit seiner Frau Anna Maria Kupper Wirz den Quart Verlag mit dem Ziel, das Werk von aufstrebenden, jüngeren Schweizer Architekten und Architektinnen zu publizieren. Im Grunde führte er die architektonische Arbeit unter anderen Vorzeichen weiter, denn Bücher gleichen Bauwerken, die nebst der gestalterischen Herausforderung einen langen Atem auf dem Weg vom Entwurf bis zur Realisierung erfordern. Der Badener Verleger Lars Müller wählte für sein nicht umgesetztes Projekt, seine Buchgestaltungen zu veröffentlichen, den Arbeitstitel «Bücher bauen», und genau dies tut Wirz mit seinem Team nach wie vor.
Gestaltung im Sinn der «Neuen Einfachheit»
Das Quart bezeichnet ein heute kaum mehr gebräuchliches Buchmass. Seine Grösse entspricht dem Viertel eines Druckbogens und ergibt so das Format von 22,5 x 29 cm. Der Luzerner Grafiker Jürg Meyer erarbeitete zusammen mit Wirz ein grafisches Konzept für die verschiedenen Reihen, und dieses Konzept blieb bis 2019 gültig, als man anlässlich des 20-jährigen Bestehens ein Redesign wagte. Hierfür verantwortlich war Beat Keusch, der unter anderem die betörend schöne Gesamtausgabe von Peter Zumthor gestaltete. Im Vergleich zu vielen Architekturpublikationen weltweit fällt das dezente Auftreten auf. Kein Hochglanzpapier, keine knalligen Einbände, sondern klar lesbare Schriftzüge und ein konsequenter Aufbau des Inhalts. Welch ein Unterschied zu den visuell überbordenden Wälzern aus den Häusern Koolhaas oder Ingels!
In der wichtigsten Reihe mit dem Titel «De aedibus» sind inzwischen 84 Monografien erschienen, die gesamthaft betrachtet eine spezielle Richtung der schweizerischen Architekturgeschichte seit 2000 dokumentieren. Wirz’ Vorliebe galt und gilt immer noch jenen Architekten und Architektinnen, die in ihren Entwürfen formal diszipliniert vorgehen und auf Moden verzichten. Historisch gesehen betrifft dies eine Richtung, die bei der Ästhetik des Neuen Bauens ansetzt, nach dem Zweiten Weltkrieg beispielsweise von der Solothurner Schule weitergeführt wurde und in der deutschen Schweiz in den 1980er-Jahren mit dem Label «Neue Einfachheit» zu internationalem Ansehen gelangte. Die Veröffentlichungen im Quart Verlag belegen, dass diese Sprache nach wie vor gepflegt wird. Doch wer über den Zaun schaut, wird feststellen, dass selbst renommierte Baumeister wie Herzog & deMeuron sich der Versuchung, auffällige Hotspots zu setzen, nicht immer entziehen können.
Thematische Erweiterung und internationale Vernetzung
Im Verlag sind bis anhin rund 300 Bücher erschienen. Es wurden weitere Reihen geschaffen, eine für die Dokumentation von Werken junger Architekten und Architektinnen, eine, welche die internationale Szene beleuchtet, und eine mit architekturtheoretischen Traktaten. An Bedeutung gewonnen haben die aufwändigeren Einzelmonografien mit der Präsentation des Gesamtschaffens einzelner Architekten (Gion A. Caminada, Peter Märkli, Valerio Olgiati, Miroslav Šik, Beart & Deplazes und andere).
Ein ausserordentlicher Glücksfall war, dass die Tochter Antonia Chavez-Wirz und der Sohn Linus Wirz in das Unternehmen einstiegen und seit 2016 als gleichberechtigte Partner amten mit dem Ziel, den Verlag unter ihrer Ägide weiterzuführen. Was im Kleinen begonnen hat, ist nun zu einem international vernetzten Verlagshaus geworden. Die Vertriebskanäle wurden ausgebaut und insbesondere die USA sowie Japan als neue Absatzmärkte gewonnen. Angst vor dem Verschwinden des Buches hat das Team nicht; es gebe immer wieder Schwankungen in den Verkaufszahlen, aber Besorgnis erregende Einbrüche sind ausgeblieben. Im Vergleich zu anderen Verlagshäusern steht der Quart Verlag solide da. In Zukunft möchte das Team in Luzern vermehrt Monografien zeitgenössischer Schweizer Architekten und thematische Sammlungen ausgewählter Bauten betreuen.