In den Unterrichtszimmern meiner Schule in Sursee, in der ich seit 28 Jahren tätig bin, sind Messgeräte aufgestellt, welche die CO2-Konzentration mit Farben von Grün bis Rot und stilisierten Gesichtern visualisieren. Eigentlich hat dies nichts mit Covid-19 zu tun, doch die Feststellung, dass Ansteckungen in geschlossenen Räumen durch Aerosole begünstigt werden, hat die Verantwortlichen dazu bewogen, solche Geräte zu installieren, um den Luftaustausch zu fördern.
Erhöhte CO2-Werte in Räumen haben jedoch Auswirkungen – und dies weiss man in den entsprechenden Fachkreisen schon lange – auf die Konzentrations- und Lernfähigkeit. Erhellend in diesem Zusammenhang ist eine von der Fachhochschule Nordwestschweiz im Auftrag der Stadt Zürich 2012/13 durchgeführte Untersuchung zur CO2-Belastung in einem Schulhaus. Die Resultate zeigen – wen erstaunt es –, dass mit Beginn der Heizperiode in vielen Räumen die Grenzwerte massiv überschritten werden. Die Studie listet Verbesserungsvorschläge auf, die technischer Natur sind.
Um ehrlich zu sein, in all den Jahren, während denen ich in schlecht belüfteten Zimmern unterrichtete, ist mir nie bewusst gewesen, dass Schülerinnen, Schüler und Lehrpersonen durch zu hohe CO2-Konzentration sozusagen handicapiert waren. Die Geräte decken nun jedoch schonungslos auf, dass bei einer Vollbesetzung der Räume schon nach zehn Minuten die Grenzwerte der CO2-Belastung überschritten werden und dass man erst nach einem fünfminütigen Stosslüften wieder im grünen Bereich ist. Was im Sommer höchstens ein lästiges Ritual ist, wird im Winter schon fast zu einer Gewissensfrage. Ständiges Öffnen von Fenstern hat zur Folge, dass Wärme entweicht und dadurch der Energieaufwand steigt. Was heisst dies für das künftige Renovieren respektive Bauen von Bildungsgebäuden?
Meine Schule ist bald fünfzig Jahre alt. Errichtet wurde sie vom Luzerner Architekten Max Wandeler, der das schon für die Kantonsschule Reussbühl angewandte Bausystem in Sursee wiederholte. Es war die Zeit der Hochkonjunktur und es war die Zeit der durch den Sputnikschock ausgelösten Bildungsoffensive. So etwas wie ein Luftaustauschsystem war kein Thema. Klagen über stickige Luft nach einer Unterrichtsstunde wurden lediglich achselzuckend zur Kenntnis genommen und spornten niemanden an, sich ernsthaft Gedanken zu machen, was man daran ändern könnte.
Doch mit Covid-19 ist das Thema Luftqualität in Unterrichtsräumen gesetzt. Es geht nicht nur Bildungsstrategen, sondern auch Ingenieure und Architektinnen an. Grundsätzlich ist das Bauwesen in Bezug auf das Thema CO2 bereits sensibilisiert worden. Die Klimaschutzbewegung lenkte die Aufmerksamkeit auch auf die Emissionen, die durch das Bauen verursacht werden, und das ist nicht wenig. Verlangt werden andere Werkstoffe, welche den CO2-Ausstoss minimieren. Und nun steht beim Bauen und Renovieren von Schulhäusern zusätzlich die ganze technische Infrastruktur zur Disposition.
Ist schon das Bauen von Schulhäusern unter solchen Vorgaben gewiss nicht einfacher geworden, so gleicht die Renovation von bestehenden Schulhausbauten geradezu einer Quadratur des Kreises. Vielfach stehen die Gebäude unter Denkmalschutz. Zusätzlich zu dessen Auflagen müssen nun auch die erwähnten Forschungsergebnisse zur Luftqualität berücksichtigt werden.
Die erwähnte Studie ist hier publiziert.
Fotos: Fabrizio Brentini