Benedikt jedenfalls verbringt ab Anfang März den Frühling erstmals in Castel Gandolfo und schaut von dort, ob in der Umgebung des Vatikan noch vor Ostern der Rauch aufsteigt – danach will er angeblich schauen, ob er irgendwo im Vatikanstaat Unterschlupf finden kann.
Oder vielleicht geht er doch nach Bayern zurück? Dann könnte „Bild“ wenigstens titeln: „Wir haben wieder Papst“ - oder so ähnlich. Der Papst jedenfalls hat auf Lateinisch gesagt, was ein Italiener aus einer ganz anderen Berufssparte, als ihm die Ball tretenden Bayern aus München allzu sehr auf die Nerven gegangen waren, mit dem schlichten Satz zum Ausdruck gebracht hatte: „Wir haben fertig.“ Vielleicht sollte sich dieser Trainer, Herr Trappatoni, der zuletzt in Irland sein Unwesen trieb, sich an Herrn Ratzinger jetzt sogar ein Beispiel nehmen.
Verdächtig bleibt jedenfalls, dass Benedikt XVI. ausgerechnet den Rosenmontag gewählt hat, um seinen historischen Rücktritt anzukündigen, wo doch in Venedig, mehr aber noch in seinem Heimatland und vor allem in Köln bei Kardinal Meisner alles Kopf steht, im Karnevalszug am Rhein wahrscheinlich sogar der eine oder andere Wagen mit der Papstfigur durch die Strassen kriecht, von dem kiloweise Kamellen, diese klebrigen Süssigkeiten, unters närrische Volk geworfen werden. Da hätte der Herr im Vatikan ja gleich den 1. April wählen können - doch offensichtlich wollte der Noch-Papst die ganzen Osterzeremonien nicht mehr über sich ergehen lassen.
Am Ostersonntag dann noch einmal in Dutzenden Sprachen einige unverständliche Worte, die man ihm da hingeschrieben hatte, ablesen und ins Mikrophon sprechen, diesen Segen „Urbi et Orbi“ noch einmal zu zelebrieren, ging offensichtlich über Benedikts Kräfte.
Ein letztes Mal darf er sich in den kommenden Tagen darüber freuen, wie viel Macht er doch hat.
Denn man darf darauf wetten, dass die heutige Kunde aus dem Vatikan, wo ein Papst normalerweise stirbt oder ermordet wird, aber nicht aus freien Stücken zurücktritt, in den nächsten Wochen so unappetitliche Themen wie den europäischen Pferdefleischskandal oder den beginnenden Guerillakrieg im Norden Malis gründlich in den Hintergrund drängen wird. Bis Ostern wird gefälligst gebannt nach Rom geschaut, um zu sehen, welcher alte Herr auf den noch älteren Herren folgen wird. Alte Herren, über die der französische Dichter Jacques Prévert 1936, ausser sich vor Wut über die Rolle der katholischen Kirche im Spanischen Bürgerkrieg, die Zeilen geschrieben hat: „Une fleur est une fleur. Mais un pape, qu'est-ce que c'est? - Un affreux vieillard.» Oder, im selben Gedicht, „La crosse en l'air“, die unvergessliche Alliteration: „La pipe au papa du Pape Pie pue“.
Papst Benedikt geht, nachdem man ihm auf dem Heiligen Stuhl kurz zuvor noch das Twittern beigebracht hatte und sicherlich mit der Genugtuung, dafür gesorgt zu haben, dass mehr oder weniger heimlich, still und leise die ultrakonservativen, integristischen Katholiken der Bewegung des Monseigneur Lefebvre wieder an den Busen der katholischen Kirche zurückgeholt wurden und das Lesen der lateinischen Messe wieder Usus sein darf.
Entsprechend hat der Papst die überraschende Ankündigung seines Abtritts auch in der toten Sprache ins Mikrophon gehaucht. Wie das wohl klingen mag, auf Lateinisch, wenn man sagen will: Ab 28. Februar 20 Uhr ist mein Posten neu zu besetzen? Irgendwo im Internet steht ja schon das Video. Und vielleicht hat Benedikt XVI es ja auch getwittert.