Donald Trump hat die Präsidentschaftswahl in den USA gewonnen. Viele iranische Oppositionelle erhoffen sich dadurch einen schnellen Sturz des islamischen Regimes. Doch Trumps Handeln, besonders in der Aussenpolitik, war nicht immer vorhersehbar.
Für viele Iranerinnen und Iraner sowie einen Teil der Machtzirkel in der Islamischen Republik Iran waren die 60. Präsidentschaftswahlen in den USA von grösserer Bedeutung als die Präsidentschaftswahl im eigenen Land. Das Amt des Präsidenten der Islamischen Republik hat nur begrenzten Einfluss auf die Aussen- und Sicherheitspolitik des Landes, die strikt durch den Obersten Führer Ali Khamenei und seine Berater kontrolliert wird. Reformorientierte Präsidenten wie Mohammad Khatami und der derzeitige Präsident Massoud Pezeshkian haben mehrfach betont, dass der Präsident vor allem dazu da ist, die Befehle des Führers auszuführen.
Gespielte Gleichgültigkeit?
Die iranische Regierung hat in letzter Zeit mehrfach betont, dass die Islamische Republik keinen Wert darauf lege, wer die US-Wahlen gewinnen würde. Sie habe eine klare Erwartungshaltung an den nächsten US-Präsidenten: Sie hoffe auf eine Rückkehr zu einer respektvolleren Politik, die die nationale Souveränität anderer Länder respektiert.
Dass Donald Trump diese Erwartung erfüllen wird, ist schwer vorstellbar. Während seines Wahlkampfes hat er mehrmals darauf hingewiesen, dass er kein Regime Change in Iran anstrebe, er werde aber alles tun, damit die Islamische Republik nicht in den Besitz einer Atombombe gelangt.
Damit wird das iranische Regime leben können. Doch mindestens eine andere Aussage Trumps müsste die Machthaber in Teheran beunruhigt haben: die Antwort auf die Frage, wie Joe Biden sich bezüglich der Angriffe Israels auf die Islamische Republik hätte positionieren sollen. Trumps Ansicht dazu lautet: Biden hätte empfehlen müssen, dass Israel «zuerst die Nuklearanlagen (des Iran) treffen und sich dann um den Rest kümmern soll». Joe Biden hatte Israel davor gewarnt, Irans Atom- und Ölanlagen anzugreifen.
Auch die sogenannten Abraham-Abkommen, die zu einer Normalisierung der Beziehungen Israels zu arabischen Staaten wie den Vereinigten Arabischen Emiraten und Bahrain führten, waren und sind ein Dorn in den Augen der Islamisten in Teheran, die seit 45 Jahren an Plänen für die Vernichtung des Staates Israel arbeiten. Diese Abkommen wurden zwar durch den terroristischen Angriff der Hamas am 7. Oktober 2023 und die verheerende Reaktion Israels darauf vorerst auf Eis gelegt. Dennoch gibt es keinen Zweifel daran, dass Trump sich weiterhin für die Annäherung Israels an die arabischen Ländern einsetzen wird. Und das wird die Stellung Irans in der Region schwächen.
Beendigung der Kriege
Auch wenn Trumps Stellungnahmen zu seiner Iran-Politik knapp oder nicht eindeutig waren, ist der 78-Jährige laut seinen Beratern in einigen Fragen «glasklar». Er werde, so behaupten sie, rasch handeln, um die Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten zu beenden. Von beiden Kriegen profitiert die Islamische Republik: durch stärkere Annäherung an Russland und militärische Auseinandersetzungen mit Israel. Mit direkten Gegenangriffen auf Israel kann das Regime sich zum einen als «grosser Bruder» der Palästinenserinnen und Palästinenser profilieren und so in der islamischen Welt punkten, zum anderen dient die militärische Auseinandersetzung mit den «Zionisten» der Friedhofsruhe innerhalb des Iran. Jeder Protest gegen die immer weiter um sich greifende Korruption, die ruinierte Wirtschaft und politische Restriktionen kann im Schatten der Kriegsgefahr im Keim erstickt werden.
Wer sich freut
Historisch gesehen nahmen demokratische US-Präsidenten gegenüber dem islamischen Regime in Iran eine sanftere Haltung ein. Das Atomabkommen (Joint Comprehensive Plan of Action – JCPOA) kam während der Obama-Regierung zustande, und in den vergangenen vier Jahren konnte Iran seine Ölverkäufe wieder verzehnfachen. Nach der Umsetzung des JCPOA waren die iranischen Ölexporte zunächst auf mehr als zwei Millionen Barrel pro Tag gestiegen, doch nach dem Rückzug der Vereinigten Staaten aus dem Abkommen im Jahr 2018 war der Ölexport Irans auf weniger als 150’000 Barrel pro Tag geschrumpft. Bidens Regierung hatte dann die Umgehung der US-Sanktionen gegen die Islamische Republik, die sich auch auf den Verkauf iranischen Öls beziehen, stilschweigend hingenommen. Es kam auch immer wieder zu geheimen Treffen zwischen den beiden Regierungen – zuletzt im Mai dieses Jahres in Oman.
Mit dem Sieg Donald Trumps wird die Hoffnung derjenigen, die auf eine Deeskalation zwischen Iran und den USA gesetzt haben, sehr wahrscheinlich keine Aussicht auf Erfüllung haben. Dafür reiben sich diejenigen iranischen Oppositionellen sowie Politiker:innen in manchen Ländern schon jetzt erfreut die Hände, die glauben, dass Trumps Anwesenheit im Oval Office den Sturz des islamischen Regimes beschleunigen wird.
Doch viele Beobachterinnen und Beobachter sind der Überzeugung, dass Trumps Unberechenbarkeit auf der internationalen Bühne für Überraschungen sorgen wird. Auch der Umgang mit der Islamischen Republik wird unvorhersehbar bleiben.
«Berechenbarkeit ist eine schreckliche Sache», teilte neulich Richard Grenell, einer der engsten Verbündeten Trumps der Financial Times mit: «Trump ist unberechenbar und wir Amerikaner mögen das.»
Mit freundlicher Genehmigung vom Iran Journal