Das Buch, Walter Niederberger räumt es offen ein, ist unter Zeitdruck entstanden. Erst nach anfänglichem Zögern hat er sich dazu entschlossen, dem Drängen des Verlags nachzugeben und Donald Trump zu porträtieren. Das Bild, das der TA-Korrespondent vom republikanischen Präsidentschaftskandidaten zeichnet, ist aber Beweis dafür, dass auch ein Schnellschuss treffen kann. Dem Autor kommt seine umfassende Landeskenntnis zugute: Als Wirtschaftskorrespondent des „Tages-Anzeigers“ war er erst in New York und später in San Francisco stationiert.
Aus nächster Nähe hat Walter Niederberger miterlebt, wie nachhaltig sich die amerikanische Volkswirtschaft jüngst verändert und wie dieser Wandel sich auf die Beschäftigten ausgewirkt hat. Als Folge von Freihandelsverträgen und Globalisierung haben viele ihren Job und den Glauben an die Fairness des Systems verloren – ein Umstand, den Donald Trump geschickt zu instrumentalisieren und in Stimmen umzumünzen weiss.
Es gehe, schreibt der Verfasser im Vorwort, nicht darum, den unkonventionellen Kandidaten zu dämonisieren oder seine Kandidatur zu rechtfertigen. Aufzuzeigen aber sei die Fahrlässigkeit, mit der die Republikanische Partei handelte, als sie Trump zu ihrem Bannerträger kürte. Zu besichtigen sei ferner Trump Land: „Die ‚Blue Collar‘-Arbeiter in den Industriestädten, die Konservativen im Süden und Mittleren Westen und die Kriegsveteranen.“ Sie alle, so Niederberger, fühlten sich beiseitegeschoben und würden nun Trump wählen.
Doch der Autor beschränkt sich in seiner Diagnose der Lage der amerikanischen Nation nicht auf Donald Trump und dessen filmreifen Werdegang als Immobilienmagnat und Star des Reality-TV. Walter Niederberger beschreibt auch den selbstverschuldeten Niedergang der Republikanischen Partei und analysiert Amerikas Wähler, deren Motive oft differenzierter sind als von aussen wahrgenommen.
Ein weiteres Kapitel des Buches ist der Rolle der US-Medien gewidmet, die sich, gierig nach Klicks und Quoten, im Präsidentschaftswahlkampf alles andere als mit Ruhm bekleckert haben. Am Ende nimmt der Autor noch die zwar nicht alles, aber vieles entscheidende Rolle des Geldes unter die Lupe und zitiert Schätzungen, wonach der Wahlkampf 2016 bis zu zehn Milliarden Dollar kosten könnte. Ein Glossar, von „America First“ bis zu „War on Drugs“, rundet das informative und zügig geschriebene Werk ab.
Walter Niederberger: „Trump Land – Donald Trump und die USA“; Orell Füssli Verlag, Zürich 2016, 224 Seiten