„Le Matin“ war die meistgelesene Zeitung in der Westschweiz. Künftig wird sie nur noch im Internet publiziert.
Tamedia begründete die Einstellung der gedruckten Ausgabe mit den seit 20 Jahren anhaltenden Verlusten. Im vergangenen Jahr lag das Defizit bei über 6 Millionen Franken; in den letzten zehn Jahren betrug es insgesamt 34 Millionen Franken.
Die Gewerkschaften und die Lausanner Regierung werfen Tamedia vor, nicht ernsthaft an einer Mediation interessiert gewesen zu sein und Gespräche „abrupt“ aufgekündigt zu haben. Die Waadtländer Regierungspräsidentin Nuria Gorrite sagte, es brauche zur Mediation zwei Partner am Tisch. Sowohl die Waadtländer als auch die Genfer Regierung zeigten sich „konsterniert“ über das Verhalten des Zürcher Konzerns.
Peter Rothenbühler, der ehemalige Chefredaktor der Zeitung, gibt der digitalen Ausgabe längerfristig keine Chance. Vor allem deshalb nicht, weil die Redaktion viel zu klein sei.
Die digitale Ausgabe soll von einer 15-köpfigen Redaktion verfasst werden. Mit der Einstellung der Papierausgabe werden über 30 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeitslos.
Tamedia kontrolliert in der Westschweiz auch die Zeitungen „Tribune de Genève“ und „24 heures“. Die Redaktionen von Tamedia Romandie waren Anfang Juli aus Protest gegen die angekündigte Einstellung der gedruckten Le Matin-Ausabe in einen kurzen Warnstreik getreten. Die Westschweizer Redaktionen werfen Tamedie „Geringschätzung, Verantwortungslosigkeit und ein lügnerisches Verhalten“ vor.
„Von Profitsucht zerfressen“?
Tamedia erklärt, man habe verschiedene Vorschläge zur Rettung der gedruckten Ausgabe vertieft geprüft; wirtschaftlich sei allerdings keiner realistisch gewesen.
Eine Redaktorin von Le Matin erklärte gegenüber Journal21.ch, Tamedia sei „von Profitsucht zerfressen“, um Journalismus gehe es dem Zürcher Konzern „schon längst nicht mehr“.
Le Matin erschien im Tabloidformat mit einer beglaubigten Auflage von fast 38’000 Exemplaren und einer Reichweite von 218’000 Lesern. Redaktoren bezeichneten ihre Zeitung selbst als „anspruchsvolles, investigatives Boulevardblatt“. „Le Matin Dimanche“ erscheint weiterhin in gedruckter Form und hat eine Reichweite von fast 400’000 Leserinnen und Lesern.
Le Matin war 1984 aus der 1893 gegründeten „Tribune de Lausanne“ hervorgegangen.
(J21)