Eine junge Schweizer Chorformation macht seit einigen Jahren schon international Furore: «Männerstimmen Basel» steigt ins diesjährige Programm mit einer bemerkenswerten Uraufführung, frei nach Mark Aurel: Time is a River.
«Ein Fluss, der aus dem Werdenden hervorgeht, ein reissender Strom ist die Zeit.» Dieses Zitat aus den «Selbstbetrachtungen» des römischen Kaisers Marcus Aurelius gibt Sinn und Inhalt eines Werks für Männerchor des amerikanischen Komponisten und Dirigenten –wieder, geschrieben für «Männerstimmen Basel». Whitacre dirigierte die Uraufführung im prächtig restaurierten Grossen Saal des Basler Casinos selbst, präzise und mit sparsamer Gestik, einen schlanken Ton anstrebend, der den Inhalt des Werkes überzeugend illustrierte: atmosphärische Wellenbewegungen der Chorstimmen, einander reibend und in einem grossen Bogen zum furiosen Fortissimo anschwellend, um schliesslich fast unhörbar im Pianissimo zu versinken.
Eric Whitacre, Jahrgang 1970, komponiert in einer Art neoimpressionistischem Stil äusserst erfolgreich für Chor, Blasorchester und elektronische Musik. Sein Klang wirkt manchmal geradezu glamourös und postromantisch, kann aber auch ernst, zurückgenommen und streng, ja, fast gregorianisch sein. Neben zahlreichen Auszeichnungen gewann er schon 2012 einen Grammy Award.
1000 Tage danach
Whitacre lernte den nunmehr 10 Jahre alten erfolgreichen «Männerstimmen»-Chor 2020 anlässlich einer gemeinsamen Session kennen. Bei dieser Gelegenheit entstand der Plan einer Zusammenarbeit. Damals arbeitete er, unter dem bestürzenden Eindruck der Pandemie, an der Komposition über den berühmten ins Englische übersetzten, zweitausendjährigen Text von Mark Aurel. Durch die wiederum Corona geschuldeten, für Auftritte verlorenen Jahre kam es exakt 1000 Tage später zu dieser Uraufführung in Basel.
Ende gut, alles gut? Tatsächlich: Der gesamte Konzertabend im bis auf den letzten Platz ausverkauften Casinosaal war ein grosser Erfolg. Nicht zuletzt auch durch das Grossaufgebot an jungen Chorstimmen. Denn für sieben der weiteren aufgeführten Whitacre-Werke wurden bekannte Jugendchöre aus der Region Basiliensis hinzugezogen – so dass manchmal rund 150 Sängerinnen und Sänger auf dem Podest standen (Knabenkantorei Basel, Mädchenkantorei Basel, pourChoeur, Les Voix, Atempo.) Sie alle, sorgfältig vorbereitet und von Whitacre behutsam, aber präzise geführt, erfreuten mit ihren frischen Stimmen und forderten manchmal grossen Respekt durch ihre Tonreinheit und Klarheit.
Neben der Uraufführung dirigierte Whitacre ausser den eigenen Werken auch Werke der Schweizer Komponisten Cyril Schürch und David Rossel (letzterer amtiert auch als neuer Leiter von «Männerstimmen») sowie des estnischen Komponisten Veljo Tormis.
Ist dieser bemerkenswerte Abend auch aus Termingründen nicht eins zu eins wiederholbar, so kann «Time is a River» doch noch innerhalb weiterer Männerstimmen-Konzerte erlebt werden. In nächster Zeit sind dies: 11.03. Basel, 29.04.2023 Wettingen.