Freie Presse und Propaganda: Das verträgt sich nicht. Bieten doch die freien Medien die Gewähr dafür, dass wir nicht absichtsvoll in die Irre geführt werden. Propaganda ist das Merkmal staatlich gelenkter Medien. Nicht umsonst griffen und greifen die Diktatoren nach Radio und Fernsehen. Deren Propaganda aus historischem Abstand zu erkennen, ist lächerlich einfach. Denn schon die Sprachmuster, die Bilder und Gesten sind entlarvend. Und geradezu witzig ist es, die Wurmfortsätze bis heute zu beobachten: Kim Jong Un zum Beispiel. Der heutige SPIEGEL macht auf mit: „Kim Jong Bumm“. Damit ist die Welt in wohltuender Klarheit nach Gut und Böse, nach seriös und marginal geordnet. So geht es den ganzen Tag. Über Syrien wissen wir, dass Assad böse und die Freiheitskämpfer gut sind. Und wenn die Revolutionäre inzwischen doch nicht mehr ganz so gut sind, liegt das am bösen Assad – oder den Mächten, die ihn immer noch stützen. Woher nehmen wir diese Überzeugungen? Natürlich aus den Medien, die uns mit Bildern und Wahrheitsschnipseln versorgen. Wie wählen die Medien ihre Nachrichten aus? Sie wählen das aus, was am besten ankommt. Medien des Mainstreams wollen nicht orientieren, sondern das transportieren, was unmittelbar einleuchtet. Einleuchtend ist das, was Empörung auslöst. Skrupellose Diktatoren, schreiendes Unrecht, Steueroasen: Der Aufschrei, den eine Meldung erzeugt, ist ihre schönste Bestätigung. Deswegen sollten wir bei unserem Empörungsreflex ganz besonders gewarnt sein. Er ist gewollt. (Stephan Wehowsky)